Bielefeld (ehu). Ich habe das Bürgerwache-Open 2022 gewonnen. Wie eine Mikrobe prangt mein Name jetzt ganz oben in der Hall of Fame des Bielefelder SK: Einmal Ekkehard Hufendiek, zehnmal Fidemeister Martin Forchert:
Im Foto unten nehme ich gerade die Glückwünsche des Bielefelder Kassierers Ralf Danielmeier (r.) entgegen, der mir den Geldpreis in einem Briefumschlag aushändigt. Ich sage ihm, dass ich auf das Geld verzichte und mich stattdessen mit einem Auto als Sachpreis zufrieden gebe. Er drückt mir trotzdem das Geld in die Hand.
(Foto: Martin Forchert)
Wie habe ich das Turnier gewonnen? Sensationell. So zumindest wertet Ralf Danielmeier meinen Erfolg. Hier ist die entscheidende Stellung meines Schlussrundensieges mit Weiß gegen Heinz Upmann:
Dg7 gewinnt, denn der schwarze Turm ist angegriffen und der Bauer f6 wird fallen, womit die schwarze Königsstellung endgültig auseinanderfällt.
Nach vier weiteren Zügen drohte ich unabwendbar Matt und die Partie war beendet. Danach beobachtete ich die Züge meiner zwei Mitbewerber um den Turniersieg: Herbert Kruse und Nelson Bartsch. Beide standen lange auf Verlust, retteten ihre Stellungen aber ins Unentschieden. So fühle ich mich zwar als glücklichen aber verdienten Sieger.
Tatsächlich ist eine größere Sensation als mein Turniersieg der zweite Platz des Setzlistenvorletzten (!) Nelson Bartsch: Mit einer DWZ von 1235 angetreten, verlor Bartsch nur die erste Runde gegen Michael Burg. Danach gewann er kampflos gegen Heinz Upmann, besiegte mich, besiegte Karsten Ebert und besiegte den haushohen Favoriten Herbert Kruse (TWZ 2204). Nach zwei Unentschieden in den Schlussrunden kam er letztlich ebenfalls auf fünf Punkte. Doch die Fortschrittswertung sprach klar für mich. Noch ein paar Erfolge mehr und die Mitglieder des SK Werther werden mich wieder siezen müssen. Hier ist die Abschlusstabelle:
Werther (ehu). Gleichstand im Viererpokal-Pokal-Viertelfinale auf OWL Ebene. Gegen den Rhedaer SV kam die Wertheraner Auswahl Ekkehard Hufendiek, Michael Henkemeier, Malte Prochnow und Reinhard Geisler nicht über ein 2:2 hinaus.
Wir mussten das Weiterkommen auslosen, was irgendwie unbefriedigend ist. Der Rhedaer Kapitän Andreas Schneider wählte Zahl, Michael warf Adler.
Michael gewann zuvor kampflos gegen Markus Otto und studierte anschließend ausgiebig die Betriebsanleitung einer Digital-Uhr.
Dann nahm er völlig gelangweilt eine Uhr in die Hand und drückte mehrfach immer wieder die Wippe rauf und runter – wie ein Baby ohne Verstand. Doch dank seinem Erscheinen führten wir mit 1:0.
Leider war abzusehen, dass ich gegen FM Bogdan Bilovil (DWZ 2400) den Punkt wohl abgeben werde.
Relativ gut gespielt habe ich trotzdem. Kurz vor Schluss wertet die Maschine meine Stellung sogar noch als ausgeglichen. Doch genau an diesem Punkt, beging ich den entscheidenden Fehler und schlug zwei Bauern am Damenflügel, in der Hoffnung, mein König könne über g4 flüchten – mitnichten:
Der Zug f5 nahm das erhoffte Fluchtfeld aus der Stellung und ich hätte das zweizügige Matt nur unter Damenopfer hinauszögern können – also gab ich auf.
Zuvor hatte Malte aus schlechter Stellung heraus gewonnen. Keine Ahnung wie, denn sowohl er als auch seine Gegnerin Kirsten Bünte lehnten die Herausgabe des Partieformulares ausdrücklich ab. Hier ist ein Foto von Malte, als seine Partie noch ganz ordentlich aussah:
Jetzt stand es 2:1 für uns. Um den zum Greifen nahen Sieg zu holen, war folglich unser Ehrenmitglied Reinhard Geisler mit Weiß gegen Andreas Schneider gefordert. Hacker erspielte sich eine starke Stellung mit einem Monster-Vorposten-Springer. Doch der gegnerische Läufer beherrschte die schwarzen Felder. Immerhin hätte uns ein Unentschieden gereicht. „So eine Stellung gibt man nicht Remis“, sagte Hacker aber und beging zum Schluss einen fatalen Fehler, als er seinen Springer vom Läufer fesseln ließ, zudem noch d4 zog und so den Turm verlor – zwei Züge zuvor war die Stellung noch völlig ausgeglichen:
Durch Michaels glücklichen Münzwurf hat sich der SK Werther jetzt für das Viererpokal-Halbfinale gegen den SV Brackwede am 17. Dezember qualifiziert.
Werther (ehu). Kalle ist ein Trottel. Das darf ich so schreiben. Die Erlaubnis kam von ihm persönlich in seiner Funktion als Präsident unseres Schachklubs: „Du kannst schreiben: ‚Ich bin ein Trottel‘.“
Der Grund seiner Aussage liegt auf der Hand. Denn fast hätten wir ein sauberes 8:0 erspielt. Aber nein, der linksgrün-versiffte Gutmensch tanzte aus der Reihe und produzierte nur ein Remis.
Beim Abbau nach dem Kampf stellte er außerdem sein Auto in die Feuerwehreinfahrt des Hauses Werther und kassierte dafür eine Abmahnung des netten Hausmeisters: „Ich kann euch aufschreiben, das wisst ihr.“ Er schrieb uns aber gar nicht auf, weil Kalle einfach wegfuhr. Also notierte ich Kalles Kennzeichen – die Anzeige geht auf jeden Fall raus.
Unseren Kantersieg eröffnete der Meister des rücksichtsvollen Delegierens: Einer-müsste-mal-Rüdiger überspielte seine Gegnerin schon in der Eröffnung und kam anschließend zu einem unwiderstehlichen Königsangriff.
Dabei verpasste er allerdings ein klassisches Läuferopfer: Sieben Bauerneinheiten Vorteil zeigt die Maschine an:
Nimmt der König den Läufer auf h7, folgt der Bauernvorstoß g5 und der Springer darf nicht ziehen, weil sonst die schwarze Dame flöten geht.
Fünf Züge später verpasste er eine zweite Gelegenheit zu einem durchschlagenden Opfer und zog vorsichtig Df2 statt Txh7 mit Schach :
Wenn Weiß den Turm nimmt, kommt der Weiße laut Computer in zehn Zügen zum Matt. Aber Rüdigers Angriff war auch ohne Opferwendung äußerst kräftig und recht hübsch anzusehen. Ja, ich würde sagen, er hat sich den Schönheitspreis verdient.
Danach vereinbarte Kalle im 35. Zug Remis – die Anzeige geht auf jeden Fall raus -, bevor Jonas in gewohnt riskanter Weise den vollen Punkt einsackte.
Ich soll ja nichts über unsere Eröffnungen schreiben, damit unsere Gegner es nicht zu leicht haben mit ihrer Vorbereitung. Aber dieses Mal ist mir Jonas‘ beknackter erster Zug ein Diagramm wert – der sei, so sagte Jonas, eine Reminiszenz an den kürzlich verstorbenen Engländer und Eröffnungsaußenseiter Michael Basman:
Jonas erreichte nichts damit, hielt jedoch das taktische Wirrwarr so gut es ging aufrecht. Dem Steinfurter klebte der Gewinn lange auf der Kelle und er hätte mit dem Läufereinschlag auf g2 den Sack zumachen können:
Stattdessen schien er zaubern zu wollen und verfiel auf die Idee, seinen Turm nach e2 vorzurücken. Er ließ damit seine Dame ungedeckt, um Jonas‘ König mit einem Turmschach in die Ecke zu zwängen. Wenn’s nicht matt wird, so wird’s wenigstens Remis, wird er sich wohl gedacht haben. Der Computer sackt zusammen.
Es folgte: 34.Qxa7 Rxg2+ 35.Kh1 Ree2 36.Qa8+ Kf7 37.Rxb7+ Kg6 38.Rxg7+ Kxg7 39. Qxd5 Rg3 40.Rg1 und Schwarz gab auf – Schwein gehabt. Jonas kam übrigens mit dem Fahrrad angeradelt. Kennt jemand sein Auto-Kennzeichen?
Danach rannte Mario mit den schwarzen Schwerfiguren unermüdlich gegen eine starke Steinfurter Festung an.
Marios Vorteil erreichte zwischenzeitlich zwar vier Bauerneinheiten, verpuffte später allerdings komplett. Erst mit dem Erreichen der Zeitkontrolle im 40.Zug unterlief seinem Gegner ein fataler Bock: Ta2 und die Partie war zugunsten Marios entschieden:
Zwischendurch war Mario Hauptdarsteller einer kleinen Anekdote, die er mit dem Schiedsrichter Christian Jackl durchlebte: Als Mario zur Toilette gehen und den Turniersaal verlassen wollte, wies ihn Jackl wohl zurecht darauf hin, dass das nicht erlaubt sei, weil Mario am Zug sei. Der Schiedsrichter zitierte die entsprechende Ziffer zur Vorschrift, woraufhin Mario bewundernd entgegnete: „Du kennst die Regeln aber genau!“ Dann fügte er tatsächlich, wohl mit einem Fünkchen Hoffnung das stille Örtchen doch zu erreichen, die wunderliche Frage an: „Willst du mitkommen?“ „Nein“. Und so setzte er sich gefügig zurück ans Brett.
Jan am Spitzenbrett erspielte sich einen soliden Vorteil, tat sich aber schwer damit, den Vorteil auszubauen. Der Steinfurter Theo Rieke verteidigte sich zäh.
Erst als Jan im Endspiel unausweichlich einen Bauern gewinnen konnte, gab sich Rieke geschlagen. Nach so viel zähem Widerstand ein wenig früh für meinen Geschmack. Hier ist die Schlussstellung, nachdem Jan die Deckung des Bauern blockiert hat und zudem die Fesselung des weißen Läufers eine neuerliche Deckung verhindert – der a-Bauer ist futsch:
Marko am dritten Brett wehrte sich tapfer gegen einen Königsangriff, überstand die erste Welle des Angriffs, spuckte in der zweiten die Qualität für zwei Bauern – und konterte.
Im 43. Zug eroberte er mit einem klassischen Doppelangriff die Qualität zurück und stand mit zwei Mehrbauern da – sein Gegner gab auf.
Ich gewann als Vorletzter. Mit großer Mühe und etwas glücklich. Zwar kam ich ganz gut aus der Eröffnung und schien einen einfachen Plan zu verfolgen, doch mein Gegner klemmte meinen Läufer ab. So sah ich mich gezwungen, den Läufer für drei Bauern zu geben: „Völlig unnötig“, befand mein Gegner später in der Analyse und hatte recht damit. Doch mir glückte die Renaissance. Nach meinem Zug Tc5, der den Läufer erobert, gab mein Gegner auf:
Leider gibt’s wieder kein Bild von mir. Hier ist wenigstens eine Zeichnung meines Cousins Til Mette, die zeigt, wie ich die Geschehnisse der Welt vermutlich in zwanzig Jahren kommentieren werde:
Den Schlusspunkt setzte Markus. Ich habe sein Endspiel am Brett verfolgt. Er kratzte sich gerade am Kopf, als er mit vier gegen drei Bauern an einem Flügel den Gewinnweg suchte.
Weil sein Turm den gegnerischen König abklemmte, seine Bauern schon ein wenig vorgeprescht waren und sein König unbedrängt nach vorne marschieren konnte, brauchte er nicht lange zu kratzen. Hier ist sein Stellungsbild kurz vor dem Ende der Partie. Mit dem Hebel h4! leitete er den verdienten Sieg ein:
Der Mannschafts-Erfolg katapultiert uns zurück ins Mittelfeld der Liga, wo wir vermutlich hingehören. Der nächste Kampf ist erst am 19. Februar gegen die zweite Mannschaft des Bielefelder SK. Hier ist der Link zur Tabelle der NRW-Klasse: https://nrw.svw.info/ergebnisse/show/2022/4319/tabelle/
Nienberge (ehu). Es kommt selten vor, dass wir ohne einen einzigen Bretterfolg die Heimfahrt antreten. In Nienberge – mitten in Münster – kam es dazu. Abgesehen vom kampflosen Punkt Markos. Sein Gegner fiel krankheitsbedingt aus. Deswegen schlenderte Marko zunächst im Spielsaal an den Brettern vorbei und blätterte später in einer Zeitung herum.
Sowohl unser ärmliches Schach als auch der Text schienen ihn nicht zu fesseln – was ich gut verstehen kann. Und so fuhr er die 100 Kilometer nach kaum eineinhalb Stunden Aufenthalt gelangweilt wieder nach Hause – aber immerhin mit einem vollen Punkt in der Tasche.
Ich trat die Heimreise kurz nach ihm an – ohne Punkt: Die Fahrt im Auto dauerte länger als meine Partie. Als ich meine Dame widerwillig für den gegnerischen Turm, einen Springer und einen Bauern aufgeben musste, war meine Stellung längst hinüber. Später flog auch noch mein Läufer vom Brett. Mein Gegner spielte deutlich besser als ich. Das Diagramm unten zeigt den letzten Zug der Partie. Ich hätte vorher schon die Waffen strecken können, aber wie das so ist im Dienste der Mannschaft …
Dazu muss man sagen, dass Nienberge in Bestbesetzung antrat, während wir auf Kalle und Rüdiger verzichten mussten. Der eine grübelte bei der Mannschaftseuropameisterschaft der Senioren in Dresden am Brett für ein Bielefelder Team, der andere grübelte in einer Halle vor den Hebeln irgendeiner Maschine und besserte minimalst seine künftige Rente auf.
Nach meiner frühen Niederlage fotografierte ich schnell noch die Stellungen meiner Kameraden, wartete aber nicht wie sonst das Ende ihrer Partien ab, denn ich parkte im Halteverbot. Das verhinderte zwar einerseits eine ausführliche Analyse, verkürzte aber andererseits exorbitant die Arbeit an diesem Bericht. Hier die Fotos:
Jan: Remis an Brett 1Jonas: Remis an Brett 2Markus: Remis an Brett 4Mario verlor an Brett 5Michael verlor an Brett 7Hacker verlor an Brett 8
So richtig gut stand zu dem Zeitpunkt der Fotos – zumindest nach meinem oberflächlichen Eindruck – keiner von uns.
Werther (ehu). „Ohne Jonas läuft’s besser“, sagte Marko nach dem deutlichen Sieg im Scherz. Tatsächlich dominierten wir die Begegnung gegen die SG Kirchlengern auch ohne unseren letztjährigen Highscore-Vertreter. Nur am ersten Brett knickte Jan ein, dessen Gegner und Schachstreamer Maurice Gulatz sich anscheinend besser vorbereitet hatte als unser Spitzenmann. In der Stellung auf dem Foto ist Jans Stellung schon kollabiert. Maurice Gulatz beendet die Partie mit einer sehenswerten Kombination, die er einleitete mit dem Zug Tc6.
Mit einem hübschen Damenopfer knöpfte er Jan anschließend eine Figur ab:
An allen anderen Brettern standen wir besser, aussichtsreich oder sogar auf Gewinn.
So schlug ich am sechsten Brett mit meinem Läufer schon in der Eröffnung mit Schach auf f7 ein, gewann so einen Bauern und verhinderte die Rochade . Nach einigen schlechten Zügen beiderseits bekam ich ein vierzügiges Matt aufs Brett und turnte endlich mal als Erster vor Freude im Flic-Flac durch den Spielsaal. In folgender Stellung gab mein Gegner am Zug auf:
Marko kam am zweiten Brett ebenfalls auf der Diagonale a2-g8 zum Zug. Er schlug im elften Zug mit Läufer und Springer auf e6 ein:
Marko ist im Übrigen einer der Wenigen – wenn nicht sogar der Einzige -, der treu am SK Werther-T-Shirt festhält und es wie ein Trikot zu jedem Mannschaftskampf überstreift – sehr vorbildlich.
Für die Leichtfiguren erhielt er einen Turm und zwei Bauern. Das entschied die Partie zwar noch nicht, doch übersah sein Gegner später einen Bauernvorstoß Markos, der den leichten weißen Vorteil nahezu uneinholbar vergrößerte. Hier ist die entscheidende Stellung:
Kalle überspielte währenddessen Benjamin Knollmann am vierten Brett im Endspiel.
Mit einem Mehrbauern als Trumpf zog er lehrbuchartig seine einfachen Soldaten zunächst auf die farblich entgegengesetzten Felder seines Läufers – Harmonie pur. Dann drang er mit dem Turm vor und verschaffte sich nach dem Schwerfigurentausch einen gedeckten Freibauern. Der restliche Gewinnweg verlangter nur Geduld und Ruhe – Kalles Spezialität, wenn er seine Nerven zuvor mit ausreichend Nikotin abgetötet hat. Hier ist seine Schlussstellung nach seinem kryptischen Rückzug nach c5. Ich weiß zwar nicht, warum er mit seinem Monarchen Richtung Heimat spaziert, aber neun Bauerneinheiten Vorteil zeigt der Computer an:
Bei Markus lief es ebenfalls wie am Schnürchen: Nach einem Qaulitätseinsteller seines Gegners marschierte er mit zwei verbundenen Freibauern unaufhaltsam den fernen Umwandlungsfeldern entgegen. Mit dem niedlichen Vorstoß b7 beendete er die Partie im 41. Zug. 36 Bauerneinheiten Vorteil zeigt die Maschine an – mehr geht kaum:
Ein weiterer schöner Sieg gelang Mario am fünften Brett:
Marios Notation konnte ich allerdings an der entscheidenden Stelle nicht entziffern. Es war jedenfalls ein ziemlich wildes Endspiel mit jeweils zwei Türmen und zwei komischen Springern – neben dem Brett habe ich schon nicht richtig durchgeblickt, die kryptische Notation half da auch nicht weiter. Hier ist immerhin das Schlussbild nach Marios Te6 mit Fesselung des Springers:
Unsere generationenübergreifenden Ersatzspieler, Hacker und Kasper, haben außerdem noch zwei Unentschieden beigesteuert. Wobei Hacker recht unglücklich knapp den verdienten Sieg verpasste: Denn ausgangs der Eröffnung erhöhte er mit geschickten Manövern seinen Vorteil bis auf mehr als vier Bauerneinheiten. Im 24. Zug jedoch unterlief ihm ein krasser Fehler:
Er schlug den schwarzen Läufer mit dem Turm. Sein Vorteil sackte ab ins Minus. Den richtigen Gewinnweg hätte die Dame mit einem Rückzug nach e2 beschritten. Zum Glück rettete Hackers Erfahrung zumindest den halben Punkt.
Kiel (ehu). Ende Juli 2022 habe ich beim 34. Kieler-Open mitgespielt. Das erhoffte gute Resultat blieb aus. Nach neun Runden landete ich abgeschlagen auf dem 55. Platz. 17 DWZ- und 30 Elo-Punkte sind futsch. Eigentlich wäre mir das keinen Bericht wert gewesen, doch ein schachliches Kuriosum in der vierten Runde ereignete sich, das ich so noch nie am Brett erlebt habe:
Ich spielte Königsindisch, und zwar sehr schlecht. Mein Gegner (DWZ 1746) nagelte mich aus der Eröffnung heraus an die Wand, knöpfte mir mit seinem Springer eine Qualität ab und drohte unabwendbar meinen zweiten Turm vom Brett zu nehmen – ich stand total breit. In folgender Stellung hatte ich meine Dame aus den Fängen des Springers entfernt und sie von e8 nach c6 beordert:
Plötzlich lächelte mein Gegner in sich hinein und zog seinen Springer irregulär von c7 nach e7. Damit zauberte er eine unparierbare Springergabel aufs Brett mit Schach und Damenverlust!
Ich war merklich verdaddert, wollte aufgeben, bemerkte den Fehler und stotterte ein wenig ungeschickt: „Das, das ist ein irregulärer Zug“. Dabei rückte ich seinen Springer auf sein Ausgangsfeld zurück.
Mein Gegner entschuldigte sich und nahm stattdessen die zweite Qualität. Der weiße Vorteil liegt auch ohne Springergabel bei 7,2 Bauerneinheiten. Von nun an jedoch spielte der Weiße fast nur noch rückwärts. Wenig später verlor er sogar komplett den Faden. Hier ist die Stellung vor meinem Schlusszug Dxd3!:
Als er aufgab, schüttelte er seinen Kopf und entfernte sich wortlos. Gemeinsame Analyse – Fehlanzeige.
Münster (ehu). Erst sechs Monate ist es her, dass wir auswärts gegen die Drittvertretung des SK Münster antreten mussten und dabei einem der größten Schachvereine Deutschlands mit 3,5:4,5 Punkten unterlegen waren. Der Klub ist so groß, dass er sogar einen Bundesfreiwilligendienstler beschäftigen kann.
Zum Saisonauftakt der aktuellen Spielzeit mussten wir wieder ins Münsterland fahren – und kehrten mit einem noch schlechteren Resultat zurück. Völlig verdient zumal, denn die ehrgeizigen Münsteraner spielten einfach besser.
Schon die Anreise war eine Zumutung: Bei der Wahl, der mit dem Auto von Werther aus am schwersten zu erreichenden Städte, läge Münster ganz vorne. Mir wurde schwindelig in den zahllosen Kreisverkehren – zumal Kalle als Fahrer einmal absichtlich zwei Runden drehte, nur um den guten Beifahrer am Naviagtionshandy zu täuschen.
Am liebsten hätte ich deswegen den Artikel von vor sechs Monaten einfach hier reinkopiert – vielleicht wäre es niemandem aufgefallen. Doch im Spielraum angekommen, hellte sich meine Laune auf, denn mich begrüßte eine freudige Überraschung: mein Großcousin Emil Meyer.
Er ist der Sohn meines Cousins Veith Mette, einem bekannten Bielefelder Fotografen. Und ich spielte auch noch gegen ihn. Es war das erste Familienduell meines Lebens. Die Henkemeiers gähnen, ich fands lustig.
Außerdem war es eine sehr spannende Partie. Zunächst schien ich als Schwarzer meinen Turm eingestellt zu haben, denn Läufer und Turm sind gleichzeitig angegriffen.
Deswegen zog ich leicht verlegen Lb4 – der beste Zug laut Computer. Jetzt überraschte mich Emil mit seiner Antwort Lxb4 – er nahm den Turm nicht. Und das zurecht, denn die Abwicklung würde nur zum Remis führen: „Ich wollte gewinnen“, teilte er mir später selbstbewusst mit. Ja, so sind wir – klug und unnachgiebig.
Er sah dabei einen Zug weiter als ich, der die Stellung ganz falsch eingeschätzt hatte. Der weitere Verlauf ist ein zweites Diagramm wert, denn Emil hatte mir inzwischen doch noch einen Turm auf a8 abgeluchst, den ich wegen des drohenden Grundreihenmatts nicht zurückgewinnen kann:
Eine Schwerfigur im Rückstand suchte ich daher mit Schwarz verzweifelt nach einem Dauerschach und kam ihm in obiger Stellung mit dem Damenschach auf f1 auf die Spur. Wenn Emil daraufhin seinen König zurück nach e3 gezogen hätte, hätten wir wohl alsbald Remis vereinbart.
Stattdessen wollte er noch immer gewinnen: ja, so sind wir – fahrlässig und unnachgiebig. Seine Antwort Ke2?? verliert die Partie wegen Dxb2+ und Turmrückgewinn auf a8 mit klar gewonnener Stellung. Das Familienduell entschied ich also letztlich für mich – zugegebenermaßen sehr glücklich. Es war vermutlich das letzte: Denn Emil will in Köln Mathe studieren, während ich in Babenhausen weiter Kronkorken sammeln werde.
Manch eine der anderen Partien waren vermutlich ähnlich gehaltvoll. Doch leider fehlen mir die Notationen. Das muss sich ändern, wenn ich zeitnah schreiben soll. Die Produzenten der Pleitepartien sind aber vermutlich ohnehin nicht scharf auf eine Veröffentlichung.
Jonas siegreiches Endspiel jedoch sollte hier sicher mit einem Diagramm gewürdigt werden.
Denn er gewann sehenswert aus einer zweifelhaften Stellung heraus, mit einem Springer gegen einen Läufer. Sobald er mir das zukommen lässt, schreibe ich was dazu.
Auch Marko spielte gewohnt fehlerarm und erreichte das einzige Remis des Tages: Er besaß im Endspiel zwei Bauern für die Qualität, kämpfte jedoch gegen aktive schwarze Figuren.
Herford (ehu). Wie ich hörte, wollte Herfords Mannschaftsverantwortlicher Burkhard Heuermann das Nachholspiel noch weiter als geplant im Kalender nach hinten verlegen – wir aber nicht. Aus gutem Grund: Die Saison war ohnehin schon derart zerfahren, dass der Leser sich nicht fragen sollte, warum der fünfte von neun Spieltagen der letzte ist. Es war eben so – kacke.
Die Veröffentlichung dieses Beitrags erfolgt ebenfalls viel später als geplant. Meine Schuld. Die durcheinandergewürfelte Saison und unsere fehlende mannschaftliche Geschlossenheit raubten mir jegliche Motivation zur Berichterstattung.
Immerhin schlossen wir die Saison mit einem ungefährdeten Sieg gegen Herford ab, vor allem weil die Herforder stark ersatzgeschwächt antreten mussten. Nicht unsere Schuld – sie hätten das Spiel halt verlegen sollen.
Hier ein kurzer Abriss zum Spielverlauf, der mir leider nach mehr als drei Monaten fast komplett aus dem Gedächtnis entfallen ist. Ich musste sogar nachsehen, ob wir gewonnen oder verloren haben. Das Internet sagt, wir haben gewonnen.
Hier ein paar Szenen des Kampfes:
Kevin (vorne) und Mario (versteckt zwischen seinen Händen) siegen.
Und hier noch ein paar abschließende Worte zu unserem Topscorer: Jonas.
Er erreichte sieben Punkte aus neun Runden, fünf Siege und vier Remis. Und das scheinbar im Stehen! Das hat keiner von uns geschafft. Ehrenmann.
Werther (ehu). Jan verlor am ersten Brett seine erste Saisonpartie. Ziemlich unglücklich, denn mehrere Züge lang stand er auf Gewinn. Gut vorbereitet war unser Spitzenspieler auch. Gegen seinen blinden Gegner Rene´Adiyaman hatte er sogar das Buchstabieralphabet notiert und die Notiz neben das Brett gelegt: Anton, Berta, Cäsar – bis Heinrich. Es half wenig.
Gleich im 14. Zug ließ er eine große Chance aus:
Warum er in obiger Stellung als Schwarzer nicht a4 zog, ist mir ein Rätsel. Der Zug liegt so nah und führt zu einer klar gewonnen Stellung. Doch auch nach Jans Zugfolge stand unser Mann weiter auf Gewinn. Trotzdem deutete die verpasste Gelegenheit spätes Unheil an. So drehte sich der Vorteil letztlich im Dame-Turm-Endspiel ins Gegenteil. Der FM-Titel bleibt zwar in Reichweite, doch die Niederlage ist ein Rückschlag.
Am zweiten Brett kam nach längerer Abstinenz Marko Suchland zum Einsatz. Für ihn war es erst der vierte Einsatz im achten Spiel. Mit ihm sind wir deutlich stärker. So lag es nicht an Marko, dass wir als Mannschaft verloren. Sein Vortrag war gewohnt sicher und fehlerarm.
Bis zum 31. Zug tauschten sich alle Figuren vom Brett – bis auf die Läufer. Doch über die Diagonalen ließ sich kein Ungleichgewicht herbeiführen- Remis. Dennoch schuf der halbe Punkt zu dem Zeitpunkt gute Voraussetzung für einen Mannschaftserfolg.
Zumal Jonas zuvor am dritten Brett gegen Mattis Trätmar gewann. Er hatte angekündigt mit einem Randbauern die Partie beginnen zu wollen. Keiner hat es ihm ausreden können. Nach wenigen Zügen stand er total pleite. Dennoch wurde sein Mut belohnt. Sein Gegner verhedderte sich im Angriff, als er zwar einen Springer gewann, dafür aber seiner Dame die Fluchtfelder raubte.
Dazu das Diagramm zusammen mit seinem innerlichen Grinsen im Foto:
Kalle Goecke traf am vierten Brett auf Evgeni Kirnos. Ein spannendes Duell. Kalle erspielte sich eine vielversprechende Stellung – und verpasste den Vorstoß b5, der ihm einen dauerhaften Vorteil versprochen hätte.
Das spätere Endspiel erwies sich als so festgefahren, dass sich Kalle genötigt sah, beim Spielstand von 3:4 aus unserer Sicht, ein Remis zu vereinbaren. Damit besiegelte er unsere Mannschaftsniederlage.
Zuvor musste ich am fünften Brett gegen Viktor Friesen klein beigeben. Dabei hatte ich mir zwischenzeitlich eine Gewinnstellung erspielt. Ich kam gut aus der Eröffnung und verpasste eine gewinnbringende Fortsetzung. Schließlich wurde ich Opfer meiner schwachen Rechenkraft.
Mario verlor ebenfalls. Hier scheinen ihm schon erste Zweifel zu kommen:
Unsere zwei Ersatzleute an Brett sieben und acht hingegen punkteten ordentlich: Malte brachte sein Läuferpaar in einer offenen Stellung zur Geltung und kam zu einem klaren Sieg, Joshua vereinbarte gegen einen deutlich stärkeren Gegner ein Unentschieden.
Maltes Bauern sind bei entgegensetzten Rochaden am Damenflügel vorgestürmt. Die Partie dauert nicht mehr lange.
Fazit: Die Niederlage zählt zu den unglücklichen. Ein halber Punkt mehr, wäre absolut verdient gewesen. Nur das detaillierte Ausanalysieren von abwegigen Varianten über dem Salatteller der drei größten Schachenthusiasten unseres Vereines hilft darüber hinweg.
Gütersloh (ehu). Mesud hat es immer eilig. Oft kommt er zu spät. Bei unserem Mannschaftskampf in Gütersloh sagte er mir kurz vor Spielbeginn, dass er um 15 Uhr wieder zuhause sein müsse, um ein wichtiges Fußballspiel seiner Kumpels zu sehen. Dort gehe es um den Aufstieg.
Bei uns ging es nur um den Klassenerhalt. Und den sicherten wir uns dank Mesuds schnellem Sieg gegen Matthias Kapitza. Nominell lag Mesud 300 DWZ-Punkte unter dem Vorsitzenden des Gütersloher SV. Im 24. Zug bot Mesud Remis, im 27. Zug sackte er den vollen Punkt ein. Ich konnte es nicht glauben. Zweimal habe ich nachgefragt, ob er wirklich gewonnen hat. Ein kurzes Kopfnicken seinerseits und schon verschwandt er zum Fußball. Er wird viel zu früh am Platz gewesen sein und sich sehr geärgert haben über das Zuviel an Zeit. Seine Kumpels spielten 1:1 und rutschten auf den dritten Tabellenplatz ab.
Hier sind zwei Diagramme aus seiner Partie, die ein Auf und Ab taktischer Chancen bot. In dem nachfolgenden Diagramm verpasste Matthias Kapitza den Einschlag auf f3, der für ihn die Partie gewonnen hätte:
Stattdessen spielte er Sb5 und entschied sich im 26. Zug zu dem Bauernvorstoß f6 – eine fehlerhafte Analogie zu Mesuds Vorstoß f3. Nach einem Schlagabtausch griff Mesud mit seinem Läufer die Dame an, die das Grundreihenmatt decken muss und daher nicht zur Seite ziehen kann. Sichtlich konsterniert gab Kapitza auf. Hier die Schlussstellung:
Unser zweiter Ersatzmann Joshua Schramm bekam es am achten Brett mit dem nominell besten Gütersloher zu tun: Manuel Ebert. Ihr Spielstärkeunterschied liegt bei fast 650 DWZ-Punkten.
Kurz vor seinem 40.Zug gab Joshua in aussichtsloser Stellung auf. Für seinen Einsatz spendierte ihm Jonas später ein Essen. Fairerweise hätten wir alle das Geld dafür zusammenlegen müssen. Aber wir anderen taten so, als hätten wir nichts zu schaffen mit solch selbstloser Nettigkeit. Wenn Jonas so dumm ist – bitteschön.
Anschließend liefen wir einem 2:3-Rückstand hinterher, nachdem Markus immer tiefer in Bedrängnis geriet.
Er überließ seinem Gegner schließlich den Aufbau eines hübschen Mattbildes:
Bei Mario verlief die Partie ähnlich frustrierend: Er spuckte erst zwei Bauern und klebte am Ende mit seinem König auf der achten Reihe fest.
Hier sein trauriges Schlussbild nach dem 41. Zug von Weiß:
Wieviel Glück wir letztlich hatten, zeigen zwei Partien. Die erste stammt von Kalle:
Gegen Noah Wulfhorst stand er mehrere Züge lang total breit: Zu seiner Freude verpasste sein Gegner in folgender Stellung die letzte Möglichkeit zu dem gewinnbringenden Zug Lxf3:
Stattdessen spielte Kalles Gegner im 23. Zug Sd7. Die Computerbewertung stürzt ab. Später servierte ihm Kalle ein Matt in sieben Zügen:
Los geht’s mit 33. Dc6+. Für Rechenfaule hier die Zugfolge bis zum Matt: Kd8 34.Qa8+Sb8 35.Qxb8+ Kd7 36.Qe8+Kc7 37.Rc6+Kb7 38.Qc8+Ka7 39.Rxa6#
Jan indes gewann so, wie Jan in dieser Saison immer seine Partien gewinnt: Er sitzt einfach da, stundenlang und starrt aufs Brett wie in ein Loch.
Irgendwann hat er irgendwas mehr. Fast immer reicht das zum Sieg. In den ersten Zügen einer Partie verhalte ich mich jetzt genauso. Ich sitze einfach da und starre aufs Brett wie in ein Loch. Irgendwann hab ich etwas weniger und geb’s auf. Es ist ein Rätsel.
Hübsch schloss er die Partie mit einem Damenopfer ab:
Ich will mein Licht nicht unter den Scheffel stellen. Denn ich war es, der den halben Punkt zum Sieg beisteuerte: Heroisch verteidigte ich eine üble Stellung. Es gibt leider kein Foto von mir. Deswegen ein vergleichbares Bild, so wie ich mich selbst erlebt habe.
Zweimal bot mein Gegner während der ersten Züge die Punkteteilung an. Sein Vereinskollege erzählte mir, dass mein Gegner ein christlich-orthodoxes Fest feiern wolle. „Wenn du dich wohlfühlst, spiel weiter“, sagte Jan. Ich starrte aufs Brett wie in ein Loch und verlor zwei Bauern. Danach musste ich ums Remis betteln – Danke, Jan. Später bot ich Remis, mein Gegner lehnte ab – zurecht. Mehrmals musste ich Mattdrohungen abwehren. Jedes Schachgebot kommentierte der Gütersloher reichlich redundant mit dem Zusatz: „Schach!“. Einmal wollte ich zurückfragen: „Wo?“ Ließ es aber bleiben. Ich mag die Gütersloher ja eigentlich. Am liebsten sind sie mir, wenn sie verlieren. Völlig fertig bin ich zwischenzeitlich ins Verderben getapert:
Sf2 hat die Partie verpatzt. Besser wäre für mich das Turmschach auf f6 gewesen mit nachfolgendem, sinnleeren Kampf Turm gegen Turm und Springer. Doch glücklicherweise wählte mein Gegner das falsche Schachgebot: Sf3+. Gewonnen hätte Sf5+, weil mein Springer verloren geht, ohne dass ich den f-Bauern dafür bekomme. Die Zugfolge laut Engine ist für mein Empfinden kryptisch: 67. Nf5+ 68.Kh3Kf3 69.Ra2Rg3+ 70.Kh2Rg2+ 71..Kh3Ne7 72.Ra7Rg7 73.Kh4Kxf2 . Doch nach Sf3+ ließ mein Gegner die Zügel weiter schleifen und ich befreite mich endgültig. Das dritte Remisangebot nahm ich dankend an. „Schach!“ hätte ich dabei rufen sollen.
Beim Spielstand von 3,5:3,5 brauchten wir noch einen Sieg zum Mannschaftserfolg. Jonas war gefordert und er lieferte.
Wie so oft ist seine Schlusskombination mit Schwarz hübsch anzusehen:
Weiter ging es so: 60.Kxg4Rg7+ 61.Kxh4Rxf4+62.Kh5f2 63.Rd1+Ke5 64.d6Rd4 65.Rf1Rg2 und Aufgabe.
Durch den knappen Auswärtserfolg haben wir jetzt acht Punkte auf dem Konto und liegen zwei Spieltage vor dem Saisonende auf dem fünften Platz in der Tabelle – mit dem Abstieg haben wir nichts zu tun.