Drei Wertheraner beim 17. Paderborner Schachtürkencup

Paderborn (ehu). Stolz präsentiert Felix den besten Zug seines Turniers.

Felix notiert einen Zug des Gegners.

Eigentlich eine leichte Fingerübung. Zum Miträtseln ist die Stellung mit Schwarz am Zug angefügt, in der der weiße König soeben ein vermeintlich sicheres Versteck auf h2 bezogen hat. Felix springt ihm dennoch an den Kragen – wie?:

Die Lösung gibt’s am Ende des Artikels.

Fast der gesamte Turniersaal hörte mit, als sein Gegner kurz nach der Ausführung von Felix‘ Siegzug empörte Worte von sich gab. Ihn störte die sichtliche Freude unseres Mannes.

Felix beendete die B-Gruppe schließlich als bester Wertheraner. Er landete auf dem 32. Platz, erspielte eine Eloperformance von 1665 und durfte sich über einen DWZ-Gewinn von 117 Punkten freuen – Respekt.  Hätte er in der letzten Runde gewonnen, wäre er mit 14 Punkten (Dreipunkteregel) sogar den Hauptpreisen nahegekommen. Hier sein Turnierverlauf:

Später diskutierte ich mit meiner Tochter Lina darüber, was uns an Gegnern während des Spiels am meisten nervt. Für mich sind meine eigenen Toilettengänge das Schlimmste: Denn dann werde ich regelmäßig Zeuge, dass sich Spieler nach ihrem Geschäft nicht die Hände waschen – bah. Hier ein paar schachliche Benimmregeln: Wir waschen uns die Hände, niesen in die Armbeuge und analysieren mit unseren Gegnern Gewinn- und Verlustpartien.

Lina, die viel erträgt und immer gut drauf ist, schilderte ihre leidvolle Erfahrung mit einem Kind, das die Züge aufs Brett knallte und dabei mit jedem Zug  immer wieder deutlich die Feldmitte verfehlte: J’adoube, j’adoube, j’adoube, j’adoube … Das Kind gewann.

Hier bezwingt Lina in ihrer Letztrundenpartie Michael Pergande vom Schachklub Sieker Bielefeld. Sie erreicht schließlich als Vereinslose ohne Zahl den 56. Rang – gut gemacht.

Lina erspielte drei Siege. Ihr größter Erfolg gelang ihr in der vierten Runde: Als  sie einen Mann mit einer DWZ von 1409 Punkten zur Aufgabe bewegte. Ihr Turnierverlauf sieht so aus:

Andreas nahm in der B-Gruppe Anlauf in Richtung Preisgelder. Doch kurz vor Schluss  verschmähte er das Spiel: Er hatte keine Chance mehr auf die vorderen Plätze. In einer Partie ereilte ihn Pech. Er hatte sich eine klare Überlegenheit erkämpft, stellte daraufhin seinen Vorteil ein und gab auf – dabei befand sich die Stellung noch in der Remisbreite, was ihm aber angesichts des Zug-Schocks nicht bewusst war.

„Pech im Spiel, Glück in der Liebe“, sagte er beim Mittagessen und verwies auf seine Lebensgefährtin. Ihretwegen blieb er am letzten Tag dem Turnier fern. Deswegen gibt’s leider kein Foto von ihm. Hier sind seine Siege und seine Niederlagen in der Übersicht:

Ich trat in der A-Gruppe auf der Stelle: Ein Sieg, drei Remisen, vier DWZ-Pünktchen verloren. Ich muss meinen Kameraden der ersten Mannschaft als Spielstärkeschwächster also weiterhin die Schuhe putzen. Dabei freute mich zu Beginn noch, dass die Turnierverantwortlichen die Dreipunkteregel ankündigten. Denn sie wäre mir im Normalfall entgegengekommen – meine Remisquote ist in der Regel gering. Ausgerechnet dann jedoch streute ich die höchste Zahl von Unentschieden meiner Schachkarriere ein.

Auf einen halben Punkt bin ich dennoch stolz: Gegen Marcus Schmücker (2200) hielt ich den Laden auf Teufel komm raus zusammen. Dabei wagte ich  in der Eröffnung eine mir unbekannte Zugfolge, um seinem Londoner System aus dem Weg zu gehen. Immerhin hat er ein Buch über die Eröffnung geschrieben.  Nach drei Zügen stand das Londoner System auf dem Brett – ich bin so ein Depp.

Im Gegensatz dazu produzierte ich zwei krasse Misserfolge. Gegen Herbert Klassmann zerstörte ich unter Opfer die Königsstellung,  stand auf Gewinn, bekam es nicht gebacken, überriss  und verlor. Noch schlimmer das Unentschieden gegen Klaus Busche: Der Computer bescheinigte mir zeitweise einen Vorteil von 55 Punkten. Das Turmendspiel misshandelte ich aber so eklatant, dass ich schließlich fluchend ins Remis einwilligte.

Das Turnier hätte trotzdem gut für mich enden können, wenn ich in der letzten Runde gegen einen unterbewerteten 1776 gewonnen hätte: Doch ich verlor. Das Ganze war recht schwierig. Denn ausgangs der Eröffnung hatte ich zwar die Qualität weniger, besaß aber dennoch leichten Vorteil. Hier zu sehen: 

In obiger Stellung forcierte ich die Ereignisse mit dem Schlagen des Läufers auf e6, nur um die gegnerische Rochade mit einem anschließenden Läuferschach auf g6 zu vereiteln. Das war nicht der beste Zug, denn wegen des Materialnachteils verengte die Entscheidung den Pfad der guten Züge im weiteren Verlauf deutlich. Und überhaupt: Gut stehende Figuren tauscht man nicht gegen schlecht stehende. Ich weiß das genau so gut, wie ich dem Londoner System aus dem Weg gehen kann.

Hier mein Turnierverlauf:

Das Turnier gewann Großmeister Felix Levin (2431) vom Düsseldorfer SK – zum wiederholten Mal. Zweiter wurde FM Hussain Besou (2280) vom LSV Turm Lippstadt vor Pascal Brunke (2210) von der SG Bünde. Brunke kam dabei erstmals in den Genuss eines außerordentlichen Jugendpreises in Höhe von 700 Euro. Der Setzlistenerste IM Ruben Gideon Köllner (2490) wurde Vierter.

Hier der Link zur Abschlusstabelle. https://chess-results.com/tnr871154.aspx?lan=1&art=1

Und zum Schluss noch die Auflösung der einerseitigen Freude und anderseitigen Empörung: Txg4! Es würde wohl folgen: fxg4 Tf2+ Kxh3 Sf4+ (Gabel) Kg3 Sxd3 Td1 und Sxb2. +8,78 für Schwarz sagt der Computer.

 

 

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