Schnellschachturnier feiert erfolgreiche Premiere

Werther (ehu). Großmeister Alexandre Dgebuadnaze hat die erste Ausgabe des Wertheraner Schnellschachturniers um den Paul-Sahrhage-Pokal gewonnen. Zweiter wurde Jonas Freiberger vom Ausrichterverein SK Werther, vor Fidemeister Jürgen Peist vom Herforder SV Königsspringer.

Das Turnier war ein Erfolg – darin sind sich Karl Ulrich Goecke, Bernhard Sahrhage sowie Michael Henkemeier als Verantwortliche beim SK Werther einig. 65 Teilnehmer, ein schöner Spielsaal, ein stattliches Preisgeld und ein ausgiebiges Lob vom Bürgermeister Veith Lemmen – ein guter Start.

Hier schreitet unser Vorsitzender und Turnierleiter Karl Ulrich Goecke die oberen Bretter ab.

Schiedsrichter Dirk Husemann sorgte für einen verhältnismäßig reibungslosen Verlauf. Nur in der zweiten Runde unterbrach er – sehr aufmerksam – den Kampf am fünften Brett. Husemann hatte sich gewundert, dass es schon in der frühen Phase des Turniers zu einem Aufeinandertreffen der Mitfavoriten Guido Gößling (Elo 2175) und Maurice Gulatz (Elo 2163) kam. Gößling hatte sich tatsächlich ans falsche Brett gesetzt und es nicht bemerkt. „Am vierten Brett saß schon jemand“, sagte er. Der gleiche Irrtum geschah am Nachbarbrett. So mussten zwei Partien der zweiten Runde neu gestartet werden – kein Problem bei einem Schnellschachturnier.

Aus Wertheraner Sicht ist das Abschneiden unseres ehemaligen Spitzenspielers Jonas Freiberger hervorzuheben. Er wurde Zweiter. Der Taktiker und Eröffnungsexperte vergab eine große Chance auf den Turniersieg: Denn vor der Schlussrunde lag er einen halben Punkt vor seinen ärgsten Verfolgern, Großmeister Alexandre Dgebuadnaze und Fidemeister Jürgen Peist. Gegen beide hatte er zuvor jeweils ein Remis erkämpft.

Auszug aus der Paarungsliste der 9. Runde.

So bescherte ihm die Auslosung ein vermeintlich leichtes Los (siehe oben): den 22. der Setzliste, Julian-Frank Reuter vom Krefelder Schachklub Turm 1851. Der war mit einer DWZ von 1713 angereist. „Noch nie habe ich ein Open gewonnen“, sagte Jonas mir vor der Partie und konnte seine Nervosität nicht verbergen. In der Partie tat er sich als klarer Favorit mit den weißen Steinen ungewöhnlich schwer. Er tauschte früh die Schwerfiguren, um sein Glück im Endspiel zu suchen. Sein Gegner aber erreichte mühelos Ausgleich:

Jonas grübelt über einem trockenen Endspiel, indem die Kontrahenten ein Eindringen der Könige durch gegenseitiges Mauern verhindern  – und so bleibt die Stellung schwerfällig bis zum Remisschluss.

Sehenswert war Jonas‘ Sieg gegen Frank Bellers, dessen Königswanderung er mit einem Spieß auf König und Dame jäh beendete.

Frank Bellers – Jonas Freiberger 0:1

Der zweite Wertheraner im Teilnehmerfeld, Mesud Mujanovic,  erspielte sich einige schöne Angriffsstellungen. Spannend sind seine Partien fast immer. Wie das folgende Diagramm mit Weiß am Zug belegt:

Allerdings blieb ihm hier nur die Schaukel Ld3+ Kg8, Lh7+ usw.. Mesud wurde schließlich mit 50-prozentiger Punktausbeute 34. Gegen den Schulleiter des Kreisgymnasiums Halle, Markus Spindler, parkte er unglücklicherweise seinen angegriffenen Turm auf dem Feld f3, als ich den Auslöser meiner Kamera betätigte. Spindler gabelte daraufhin mit seinem Springer auf g5 Turm und König –  1:0.

Mesud zieht seinen Turm nach f3 – ein krasser Fehler.

Den Turnierveranstalter freute sich besonders über die Teilnahme von Pauls Enkelsohn: Colin Sahrhage. Colin erspielte sich immerhin 3,5 Punkte und landete auf dem 49. Platz.

Colin Sahrhage

Die 250 Euro Siegprämie strich der einzige Großmeister im Feld ein: Alexandre Dgebuadnaze. Laut Angabe des Belgiers war der Kampf um den Paul-Sahrhage-Pokal sein erstes Schachturnier nach zwei Jahren Pause.

Im Spiel mit Weiß gegen Maurice Gulatz ließ er mutig seinen Springer stehen, um dem schwarzen König mit seinen Schwerfiguren den Garaus zu geben.

Maurice nahm den Springer vom Brett. Stockfish zeigt einen weißen Vorteil von fast sechs Bauerneinheiten an. Doch anscheinend  fand Dgebuadnaze nicht die zwingende Gewinnfortsetzung am Brett, sodass die Partie in einer Remisvereinbarung endete.

Alexandre Dgebuadnaze – Maurice Gulatz 0,5:0,5.

Hier der Link zur Rangliste nach der neunten Runde:

https://wp.skwerther.de/paul-sahrhage-pokal/ergebnisse/

Und hier noch das Siegerehrungsbild und ein paar weitere Fotos vom Turnier:

Jonas Freiberger (von links), Alexandre Dgebuadnaze und Jürgen Peist.
Bernhard Sahrhage (von links), Michael Henkemeier, Bürgermeister Veith Lemmen und Karl Ulrich Goecke.
Alexandre Dgebuadnaze
Guido Gößling (links) sitzt in der Schlussrunde am richtigen Brett.

 

 

    Markus Spindler ist kurz davor seinen Gegner in zwei Zügen mattzusetzen. Weil der zuvor mit seinem König in ein Schach hineinmarschierte, signalisiert sein Gegner dem Schiedsrichter, er möge kommen, um Spindler zwei Extraminuten zu geben.

In dem Video zeigt Jonas die entscheidende Sequenz aus dem  Endspielsieg gegen Hrisowalandas Milonas.  Milonas stellte in besserer Stellung seinen Läufer ein.

 

 

 

 

Turnierbericht: Hacker, Michael und Ekki beim 15. Lessing-Open in Wolfenbüttel

Wolfenbüttel (ehu). Fünf Runden an einem Wochenende: Das Lessing-Open in Wolfenbüttel bei Braunschweig war nicht nur das kürzeste Turnier im Schachsommer 2021, es war das einzige. Für den SK Werther trat das Trio Reinhard Geisler, Michael Henkemeier und Ekkehard Hufendiek an.

Die Spielbedingungen waren dank Corona sehr großzügig, die Einlasskontrollen der Stadt Wolfenbüttel waren es nicht.  Sogar am zweiten und dritten Tag mussten die Geimpften ihren Impfausweis vorzeigen – kurze Notizen zum jeweiligen Impfstatus schien man zu misstrauen. So schob sich der offizielle Spielbeginn vor der zweiten Runde um mehr als 15 Minuten hinaus – trotz Luca-App.

Sportlich schnitten wir mäßig bis gut ab: Hacker zeigte eine starke Leistung und spielte in der B-Gruppe sogar mit um den Turniersieg. Michael kämpfte heroisch um einen Platz im Mittelfeld, der dann letztlich mir vorbehalten blieb.

Reinhard Geisler fehlte in der letzten Runde beim  Manövrieren im Endspiel laut eigener Aussage die Kraft, um das ausgeglichene Turmendspiel gegen Thomas Weigelt am zweiten Brett nach mehr als vier Stunden Remis zu halten.

Hier hat Reinhard Geisler gegen Thomas Weigelt eine ausgeglichene Stellung erreicht. Später aber wird der c-Bauer die Partie für Schwarz entscheiden.

3,5 Punkte und der 14. Platz  von 88 Teilnehmern in der B-Gruppe sind dennoch ein schöner Erfolg für unser Ehrenmitglied. In der dritten Runde erkämpfte er sich wohl seinen herausragendsten Sieg im Turnier: Gegen Ralf Buchholz (DWZ 1867) vom SV Königsspringer Braunschweig legte er sich in der folgenden Stellung mit dem einfachen Bauernzug e3! ein unwiderstehliches Matt zurecht.

Michael Henkemeier wäre in der ersten Runde der A-Gruppe fast eine Überraschung gelungen: Mit Weiß hatte er Wilfried Härig ( DWZ 2187) vom MTV Tostedt zumindest optisch an die Wand gespielt. Vor dem 36. Zug von Weiß sah die Stellung so aus:

Einfach ist das Ganze nicht. Zum Ausgleich und einer Stellungsbewertung von 0,00 hätte das Heranführen des Läufers nach g5 geführt. Michael wählte stattdessen den Zug Kf3 und  ging mit seinem König alsbald baden.

Hier kämpft Michael mit einem Bauern im Minus um Ausgleich in der Schlussrunde gegen CM Torsten Hansch vom Stendaler SK. Letztlich scheitert er an der späteren Umwandlungsdrohung des gegnerischen a-Bauerns.

Am Ende stand er nach fünf Runden bei 1,5 Punkten und landete unter der Erwartung auf dem 46. Platz.

Mir, dem Berichterstatter, wurde kurz vor dem Turnier ein Frontzahn gezogen. So saß ich am Brett, tastete fortlaufend mit meiner Zunge die frische Lücke ab, vermied jedes Lächeln wie ein grimmiger Zeitgenosse und hatte Probleme mich auf das Geschehen auf dem Brett zu konzentrieren. Mittelmäßig schloss ich das Turnier mit 2,5 Punkten auf dem 27. Platz ab.

Eigentlich spielte ich deutlich schlechter als Michael – zumindest gefühlt. Denn als wir nach vier Runden beide mit 1,5 Punkten gleichauf im Niemandsland für die Ehre kämpften, bescherte ihm die Auslosung einen Gegner jenseits der 2000-DWZ-Marke, während ich dem schwächsten Teilnehmer im Feld gegenübersaß (DWZ 1509).

Zwei Partiefragmente möchte ich dem Leser hier präsentieren: Zunächst eines aus meiner Erstrundenniederlage gegen die deutsche Nationalspielerin FM Lara Schulze (DWZ 2265) vom SV Werder Bremen und dann eines aus der vierten Runde.

Gerade bin ich – ohne es zu wissen – von den üblichen Pfaden der Theorie abgewichen und habe meinen Springer von c6 nach e7 zurückgezogen. Meine Gegnerin sagte später, dass das Manöver ungewöhnlich früh kam und entscheidet sich schließlich zum Bauernvorstoß nach e4.

Lara Schulze kannte sich weitaus besser aus in der italienischen Eröffnung und knöpfte mir früh einen Bauern ab. Im Endspiel hegte ich mit Schwarz dennoch ein klein wenig Hoffnung auf ein Remis. Aber meinen Springer hätte ich besser auf c5 stehen lassen sollen, denn sie konterte mit b4! und fing meinen Gaul mit leichter Hand:

In der vierten Runde hatte ich die Chance auf ein gutes Abschneiden und vergab sie: René Hüllen (DWZ 1998) hieß mein Gegner.  Der Mann vom Kölner SK servierte mir das Belgrader Gambit, was ich bislang in einer ernsten Turnierpartie noch nie vorgesetzt bekommen habe. Ich wusste noch, dass man mit 5. … Le7! einer Annahme aus dem Weg gehen kann, um dafür eine ausgeglichene und relativ leicht zu spielende Stellung zu bekommen. Das führte später zu folgendem vorteilhaften Bild für mich:

Die Verlockung war groß und ich gab ihr nach: Läuferopfer auf f2 – mehr oder weniger aus dem Bauch heraus. Damit vergab ich nicht nur meinen Vorteil, sondern verlor sang- und klanglos die Partie. Stattdessen hätte das ruhige g6 oder der Zug Lc8 den Vorteil behalten.

Das Turnier gewann Veaceslav Cofmann (DWZ 2276) vom SC Eppingen mit 4,5 Punkten vor FM Alex Browning und FM Lara Schulze.

Hier noch die Links zu den Tabellen im A und B-Open, sowie zu den Spielerdetails der Wertheraner Protagonisten:

A-Gruppe: https://nsv-online.de/turniere/lessing-open-2021/?ak=A-Gruppe&show=TeilRang#menu

B-Gruppe: https://nsv-online.de/turniere/lessing-open-2021/?ak=B-Gruppe&show=TeilRang#menu

Reinhard Geisler: https://nsv-online.de/turniere/lessing-open-2021/?show=spieler&ak=B-Gruppe&name=Geisler,Reinhard#menu

Michael Henkemeier: https://nsv-online.de/turniere/lessing-open-2021/?show=spieler&ak=A-Gruppe&name=Henkemeier,Michael#menu

Ekkehard Hufendiek: https://nsv-online.de/turniere/lessing-open-2021/?show=spieler&ak=A-Gruppe&name=Hufendiek,Ekkehard#menu

 

 

Turnierbericht: Ekki beim 33. Kieler Open

Urlaub: Mit dem Fahrrad fuhr ich 330 Kilometer nach Kiel – mein Gesäß hat gelitten. Genaugenommen tut es jetzt noch weh. In der Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins besuchte ich meine zwei Töchter, die seit 2008 dort leben. Zugleich wollte ich einen vorderen Platz in der Tabelle des 33. Kieler Opens erobern. Das schien keineswegs unrealistisch: Nur eine Partie über meinem Normalniveau und ich hätte vorne mitmischen können, das belegt mein 25. Setzlistenplatz von 104 Teilnehmern.

Ein Blick in den Kieler Spielsaal kurz vor Schluss der neunten Runde.

Das Turnier dauerte vom 24. bis zum 30 Juli und lief über neun Runden. An den ersten beiden Tagen wurde doppelrundig gespielt, mit einer dreistündigen! Pause zwischen den Runden. Jeden Tag gurkte ich abends um kurz nach 17 Uhr mit meinem Fahrrad 14 Kilometer bis zum Spielort, querte den Nord-Ostseekanal über eine Hochbrücke und hechelte den E-Bike-Omis hinterher, die mich klingelnd links überholten. Den ursprünglichen Spielort hatte der ausrichtende Verein, Kieler SG, wegen der Pandemie vom zentral gelegenen Bootshafen ins nördliche Friedrichsort verlegt.

Stolz sind die Verantwortlichen vermutlich noch heute über ihre Ausgabe aus dem Jahr 2002. Denn damals landete ein bis dahin unbekannter Elfjähriger am Ende auf dem 15. Platz: Magnus Carlsen. Der spätere Weltmeister ergatterte mit einer Elozahl von  2214 sechs Punkte. Genau soviele Zähler wie ich 19 Jahre später – und 40 Jahre älter.

Schon die erste Runde mit den schwarzen Steinen lief schlecht für mich: Die 18-jährige Celina Malinowsky (DWZ 1366) erreichte problemlos eine Gewinnstellung. Zwei Mehrbauern sprachen klar für sie:

Doch die junge Dame führte mit Weiß einen Zug aus, der einem bei flüchtiger Betrachtung zwar spontan in den Sinn kommt, der aber sofort verliert: Tg1. Wegen der Antwort Sg4 und der Doppeldrohung Matt oder Damengewinn musste sie die Qualität opfern, wonach sich das Blatt zu meinen Gunsten wendete – Schwein gehabt.

In der zweiten Runde traf ich mit Weiß auf einen Stuttgarter Studenten ohne Verein und Wertung. Er hieß Manuel Lehrer und bestritt laut seiner Angabe das erste Schachturnier seines Lebens.

Ich agierte fahrlässig. Nach nur fünf Zügen stand ich auf Verlust. Es war wie verhext: Wieder fehlten mir zwei Bauern. Einen Bauern gewann ich später zurück und erst die Unerfahrenheit meines Kontrahenten brachte mich auf die Siegerstraße: In nachstehender Stellung hätten vermutlich alle erfahrenen Vereinsspieler ihren König aus dem Damenschach weg nach c7 gezogen und damit eine ausgeglichene Stellung erhalten:

Mein Gegner jedoch hüpfte mit seinem Springer nach e7 vor den König . Nach meiner Antwort Sd5 flog die Stellung des Stuttgarters völlig auseinander.

In der dritten Runde kassierte ich mit Schwarz meine erste Niederlage: Sebastian Buchholz vom Schachklub Doppelbauer Kiel mit einer DWZ von 2135 kannte sich in der italienischen Eröffnung besser aus als ich. Ich sah den Einschlag auf h6 zwar kommen, hoffte aber, mit f6 und Te7 ausreichend Verteidiger aufbieten zu können – vergeblich. Der Kieler sah mehr: 

Bis zum unabwendbaren Matt dauerte es nicht lange: 18. Lxh6 gxh6 19. Dxh6 f6 20. Sh5 Te7 21. Sxf6+ Kf7 22. Sd5 Td7 23. dxe5 Sxe5 24. Sg5+ Ke8 25. Sf6+ Aufgabe).

Die vierte Runde bescherte mir den einzigen Gegner in neun Runden, der älter war als ich. Das kennzeichnet nicht nur mein fortgeschrittenes Alter, sondern auch den Charakter des Turniers:  Es war geprägt von aufstrebenden Kindern und Jugendlichen und zusätzlich vielen weiblichen Teilnehmerinnen. Gegen den 59-jährigen Gunnar Ahrens lehnte ich ein Remis ab und gewann ohne viel Zutun.

Fünfte Runde: Der spätere Turnierzweite, Florian Dietz (DWZ 2277), servierte  mir eine große Chance, die ich prompt verpatzte. In der folgenden Stellung hatte ich soeben meinen Springer nach d6 befördert. Mit dem Gaul im feindlichen Lager glaubte ich besser zu stehen. (Was der Computer im Übrigen nach einem Qualitätsopfer auf d6 anders sieht):

Dietz nahm jetzt aber nicht den Springer mit seinem Turm, sondern entfachte mit Sxe5 ein Feuer, das mich aus den Latschen warf. Sxe5 ist ein Fehler, das witterte ich. Innerlich feierte ich schon. Ohrfeigen könnte ich mich nachträglich für meine anschließende Berechnung: Nach dem Schlagen seines Springers und seiner Antwort Sxe3, dachte ich, dass 24. Sxb7 Sxg2 25. Sxd8 Sxe1 26. Txe1 Txd8 für mich einen Bauern verliert. Das stimmt zwar, doch an 24. Lxb7 mit einfachem Materialgewinn habe ich leider keinen Gedanken verschwendet. Stattdessen sah ich Mattgespenster mit einer schwarzen Dame auf g2. So dass ich Txe3 zog und nach Lxg2 25. Kxg2 und Txd6 total pleite stand.

Das sechste Spiel artete aus zum Marathonmatch: Selten benötige ich die Geduld eines Esels und ein Extra-Partieformular. An mir lag es nicht, ich spielte recht ordentlich. Doch mein Gegner, Somar Karheily DWZ 1736, gab partout nicht auf. Selbst als der Ausgang zu meinen Gunsten längst feststand – er spielte weiter. In folgender Stellung zog er als Weißer noch seinen Turm von b8 nach h8, als gäbe es eine Pattchance: 

Es war sehr ermüdend und ich fand mich noch dazu während meines  Rückwegs mit dem Fahrrad um kurz vor 22 Uhr in einem heftigen Gewitter wieder.

In der siebten Runde traf ich auf ein Kind: Lionel Gut. Der zwölfjährige Junge aus der Schweiz vereitelte prompt meine Preisgeldambitionen. Er nahm am Turnier mit seinem Zwillingsbruder Raphael teil. Beide reisten mit einer Elo-Zahl jenseits der 1700 an. Erst später erzählte mir Raphael, dass Lionel vor wenigen Jahren Schweizer Meister der U 10 geworden war. Tatsächlich fand der kleine Mann am Brett immer gute Antworten. Zwei Bauern hatte er mir schon stibitzt, als ich schließlich in folgendem Stellungsbild als Weißer am Zug die Geduld verlor:

Lxd5 liegt nahe und hätte den Ausgleich und später wohl den Friedensschluss gebracht. Ich hab’s erwogen und verworfen zugunsten des Einstellers Da4. Der Kleine antwortete mit der naheliegenden Springergabel nach c3, erhielt eine leicht gewonnene Stellung und von seinem Vater zur Belohnung ein Snickers. Dieses Mal war ich es, der partout nicht aufgeben wollte und die Stellung bis zum 65. Zug weiterquälte.

Der Preisgeldhoffnung beraubt, strafte mich die Auslosung in der achten Runde mit einem Dejà-vu: Schon wieder saß mir scheinbar der kleine Schweizer gegenüber. Doch dieses Mal hieß mein Kontrahent Raphael und nicht Lionel. Ich war gewarnt: Als der Zwilling fahrlässig ein Eindringen meiner Türme in seine Stellung gestatte, lieferte mir die Partie dennoch einen echten Schockmoment. In dieser Gewinnstellung spielte ich a tempo Se4 und erwartete die Aufgabe meines Gegners: 

Der Computer flippt aus: Von 6,8 Bauerneinheiten Vorteil für Schwarz stürzt die Bewertung ab auf völligen Ausgleich. Denn der einfache Läuferzug des Schweizers nach f3 wehrt sowohl den Qualitätsgewinn als auch das Matt auf f2 ab. Ich lief rot an und fing an zu grübeln. Immerhin erspähte ich die vermeintlich starke Drohung h5. Die eröffnet Schwarz nach gxh5 ein forciertes  Matt in vier Zügen. Auf dessen Berechnung ich im Übrigen ziemlich stolz war:

Sieht  der Leser in obiger Stellung das forcierte Matt? Es ist recht hübsch, wie ich finde. Hier ist die Zugfolge: g4+ 36. Lxg4 Sg5+ 37. Kh4 Sf3+ 38. Lxf3 Txh2 matt.

Doch mein Gegner sah es ebenfalls. Statt den Bauern auf h5 zu schlagen, manövrierte er seinen Turm im 35. Zug nach a2 . Jetzt gewann ich mit der Antwort Sf6 unausweichlich Material. Übersehen hatten wir beide zuvor eine schwer zu findende Verteidigung im 35. Zug, die zum weißen Gewinn gereicht hätte: Txd5. Egal – schönes Ende für mich mit großer Genugtuung.

In der Abschlussrunde saß mir ein Elfjähriger gegenüber. Meine Gegner wurden immer jünger. Hätten wir 13 Runden gespielt, hätte ich die Klingen am Ende vermutlich mit einem Sechsjährigen kreuzen müssen. Der elfjährige Elias Yunong Lu ließ mich mehr als zwanzig Züge an meiner Überlegenheit zweifeln – bis er e5 zog, um sich durch Damentausch zu entlasten.

Aber das führte sehr einfach ins Verderben : 22. Txc8 Txc8 und Dxf5 mit Doppelangriff auf Turm und Springer.

Ich landete schließlich auf dem 18. Platz, feierte den Gewinn von sieben DWZ-Pünktchen und ärgerte mich gleichzeitig über den Verlust von acht Elo-Punkten. Deutlicher kann ein Auf-der-Stelle-treten kaum sein.

Wegen der Pandemie blieben vermutlich zahlreiche starke Spieler dem Turnier fern. Großmeister Henrik Teske (DWZ 2470) führte als Nachzügler die Startrangliste an, stieg aber nach zwei Niederlagen vorzeitig aus. Fünf Fidemeister waren ebenfalls gemeldet, von denen Vinzent Spitzl vom SV Griesheim letztlich die 700 Euro Preisgeld für sich als Sieger einheimste.

Es war ein seltsames Turnier. Ich bekam sieben nominell deutlich schwächere und zwei deutlich stärkere Gegner vorgesetzt. Die Spielbedingungen waren eher mäßig. Ein wenig heruntergekommen bot der Spielsaal nur geringfügig mehr Platz als in der B- und C-Gruppe des Schloß-Opens. Für mich als Jungsenior war der Turnierverlauf recht zermürbend. Er hat deutlich gemacht, dass die Kinder und Jugendlichen in der Coronazeit ungemein stark geworden sind. Sie werden weiter besser werden, wohl wegen ihres ausgiebigen Online-Trainings und wachsender digitaler Angebote. Ein Indiz: Fidemeister Olaf Steffens, den viele wohl von seinen regelmäßigen Teilnahmen beim Schloss-Open kennen, landete in Kiel nur auf dem 33. Platz. In der siebten Runde kam er gegen ein Kind! mit einer DWZ von 1555 nach 92 ausgekämpften Zügen nicht über ein Remis hinaus.

Hier der Link zur Abschlusstabelle: http://www.kieler-sg.de/KielerOpen/KiOp2021/Tabelle-2021.html

Jonas gewinnt das Hans-Lindlar Gedächtnisturnier

Halle (ehu). Jonas hat Katz-und-Maus gespielt. Meinen König schubste er in der zweiten Runde übers Brett:  Schon nach drei Zügen zauderte er nicht, opferte seinen Läufer auf f7 und zertrümmerte meine Stellung.

„Kawumm“ hörte ich ihn denken und hampelte noch ein wenig mit meinem König umher, versuchte mit einem Läuferzug nach g7 die Dame zu fangen: 

und gab mich schließlich nach der weißen Antwort Sg5+ in aussichtsloser Lage geschlagen.

Ebenfalls in der Eröffnung zwang unsere ehemaliger Spitzenspieler dem Mitfavoriten Claudius Gottstein in den ersten Zügen eine schlechtere Bauernstruktur auf. Die münzte er später im Bauernendspiel gekonnt in einen vollen Punkt um – mit Hilfe eines klassischen Durchbruchs. Das lehrreiche Manöver verdient ein Diagramm:

b5!

Nach sieben gespielten 15-Minuten-Partien, von denen Jonas sechs gewann und nur eine gegen Markus Schirmbeck verlor, überreichte Turnierleiter Bernd Fischer Jonas 50 Euro und den Hans-Lindlar-Gedächtnispokal.

Jonas hielt sich nicht mit Jubeln auf, setzte sich stattdessen direkt nach der Ehrung wieder ans Brett, um mich in einer freundschaftlichen Blitzpartie und der geistreichen Bemerkung „Komm zieh, du dreckiges Schwein“ ein weiteres Mal zu vermöbeln.

Den zweiten Platz im Turnier errang Dieter Hofene (DWZ 1983) von den Schachfreunden Beelen. Dritter wurde Justus Köhler (DWZ 1930) vom Bielefelder SK, Vierter der 19-jährige Lai Hop Long DWZ (1788) vom SV Werder Bremen, der mit drei weiteren Bremern extra für das Schnellschachturnier in die Lindenstadt gereist war.

Aus Vereinssicht lief das Turnier gut: Rüdiger, vormaliger Sieger, schien die lange Spielpause am Brett zu beflügeln. Ein glänzender Damenfang krönte seinen Sieg gegen den späteren Zweitplatzierten. Am Ende erreichte er von den 28 Teilnehmern einen ausgezeichneten fünften Platz und schrammte nur knapp an den Preisrängen vorbei.

Ich landete  auf dem sechsten Rang und hatte dabei Kalle unwürdig vertreten. Der hatte zuvor auf seinen Startplatz verzichtet zugunsten einer selbstverordneten Quarantäne. Bis auf die zwei Erstplatzierten bekam ich  leichte Gegner und tat mich trotzdem schwer. Zwei Niederlagen, fünf Siege und keine einzige gute Partie ist meine Bilanz . Hier mal ein erschreckendes Beispiel meiner zeitweiligen Inkompetenz: In folgender Stellung erschien mir tatsächlich der Zug c5?? vernünftig zu sein.

Die prompte Antwort lautete c3 und ließ mich zurückdenken an meine Fähigkeiten als Sechsjähriger. Immerhin setzte ich meinen Gegner, der im vergangenen Jahr noch bei der Deutschen Einzelmeisterschaft im  „Kinderschachturnier für die Kleinsten“ mitspielte, später etwas glücklich matt.

Der SK Künsebeck hatte die Austragung des Hans-Lindlar-Gedächtnisturniers unter den derzeit herrschenden Hygienebestimmungen mit nur drei Helfern auf die Beine gestellt – Respekt. Brett, Uhren und Figuren desinfizierten sie. Die Alltagsmaske musste getragen werden, nur am Brett durften der Spieler darauf verzichten. Viele behielten sie aber auch während der Partien an. Zudem lüfteten die Organisatoren gleich mehrmals den Spielsaal.

Hier die Abschlusstabelle als Foto:

Reinhard Geisler wird Ehrenmitglied

Häger (ehu).

Reinhard Geisler denkt über ein schwieriges Endspiel nach.

 

Reinhard Geisler hat seine Verdienste durch seine beständige Hingabe zum Schachsport erworben. Er war und ist Vorbild für viele Schachspieler innerhalb und außerhalb des SK Werther. „Reinhard ist in OWL das Gesicht des Schachs“, sagt unser Kassierer Michael Henkemeier über seinen langjährigen Mannschaftskollegen. Hacker – wie wohl die meisten ihn nennen – hat an unzähligen Turnieren in ganz Deutschland teilgenommen. „Er ist überall in Deutschland unterwegs und jeder Schachspieler in der Region kennt ihn“, sagt Michael Henkemeier.

Michael Henkemeier und unser Vorsitzender Karl Ulrich Goecke überreichten Hacker am Montag auf einem gemeinsamen Grillabend in Bardüttingdorf anlässlich seines 80. Geburtstag eine Urkunde und einen Präsentkorb mit Lebensmitteln aus dem Dorfladen Häger. Nach dem verstorbenen Paul Sahrhage ist Hacker in der Historie des Schachklubs Werther damit erst das zweite Mitglied, das sich die Anerkennung seiner Vereinskollegen in dieser Form erworben hat. Als Ehrenmitglied muss er fortan keine Mitgliedsbeiträge mehr bezahlen und ist bei Vereinsturnieren vom Startgeld befreit. Allerdings müssen die Mitglieder den Vorschlag ihres Vorstandes auf der nächsten Versammlung erst noch genehmigen.

Reinhard Geisler hat seinen Vater nie kennengelernt, was ihn mit einigen früheren Schachweltmeistern verbindet. Er spielte laut eigener Angabe schon ab seinem elften Lebensjahr Schach. Ein Schulfreund habe es ihm beigebracht. Im Jahr 1956 taucht sein Name erstmalig bei den Jugendstadtmeisterschaften des SK Werther auf Rang zwei auf. In Wettkampfform zog er folglich Bauern, Springer und Läufer fast sieben Jahrzehnte über das Brett. Er stieg schnell zum Spitzenspieler des SK Werther auf und führte die erste Mannschaft am Spitzenbrett an. Laut seiner Angabe erreichte er zu seinen besten Zeiten eine Deutsche Wertzahl von 2070 Punkten ( zum Vergleich: Weltmeister Magnus Carlsen hat rund 800 Punkte mehr). Geisler hält zudem mit fast 400 Spielstärkeauswertungen einen inoffiziellen OWL-Rekord. Die Stadtmeistertitel in Halle, Werther, Steinhagen und Borgholzhausen hat er allesamt errungen – teilweise mehrfach. Nicht nur sportlich war und ist er laut Michael Henkemeier zahlreichen Vereinskollegen ein Vorbild: „Er hat viele Leute für den Schachklub Werther begeistert – auch mich.“
Hacker spielte bis zu seinem 40. Lebensjahr Fußball und kreuzte in der gleichen Zeit und später auf 64 Feldern die Klingen mit Rolf Handke, Karl-Heinz Krautkrämer oder Großmeister Lev Gutman. Viele Jahre war er einer der besten Spieler in OWL. Er spielt zudem liebend gerne Doppelkopf und betrieb das Sportkegeln. Seine Leidenschaft allerdings gehört dem Schach. Schachsportler, die ihn nach seinem größten Sieg am Brett fragen, bekommen meist seinen Zeigefinger vor die Brust gestreckt und erhalten die lachende Antwort: „Das war gegen dich.“

Marko Suchland prüft Super-Großmeister

Werther (ehu). Blitzschach boomt, zumindest im Internet. Auf dem Schach-Server lichess gibt es mittlerweile 19 Quarantäne-Ligen. Angefangen von der achten Liga bis zur Bundesliga. Mehr als 2.600 Spieler in 190 Mannschaften saßen jüngst vor dem Computer und versuchten ihre Gegner in Fünfminutenpartien mattzusetzen. Mittendrin der SK Werther, der um den Verbleib in der vierthöchsten Spielklasse kämpfte – zunächst allerdings vergeblich.
Das Team um Spitzenspieler Jan Haskenhoff erreichte nur den vorletzten Platz in der Staffel 4B. Dabei wurde es vermutlich Opfer einer beeindruckenden Entwicklung: Die Mannschaften sind von Mal zu Mal besser und internationaler besetzt. Weil immer mehr Schachprofis die international offenen Quarantäne-Ligen aufmischen, hat es der reine Amateurverein einerseits sportlich schwer zu bestehen. Andererseits freut es die Wertheraner, weil sie auf illustre Gegner treffen.
Marko Suchland etwa hatte vor der Coronakrise in der NRW-Klasse bislang fast ausnahmslos gegen Spieler ohne Rang und Namen die Figuren übers Brett gezogen. Dank der Pandemie saß er jetzt – virtuell – einem Weltklassespieler gegenüber: Dr. Bassem Amin.

Marko Suchland

Der beste Spieler des afrikanischen Kontinents und mehrfache Weltpokalteilnehmer erreichte 2019 mit einer Elozahl von 2.712 den inoffiziellen Status eines Super-Großmeisters. Entsprechend freudig setzte der Wertheraner seine Mitstreiter von der Partieansetzung in Kenntnis: „Ich hab den GM“, teilte er triumphierend per WhatsApp mit, noch während er die ersten Züge gegen den Ägypter am virtuellen Brett ausführte.
Dabei hätte Marko Suchland seinen prominenten Kontrahenten in einem einzigen Moment sogar düpieren können:

Der Spieler des SK Werther war als Weißer am Zug und hätte in der obigen Stellung mit seinem Turm den schwarzen Springer schlagen müssen. Danach hätte er einen deutlichen Vorteil reklamieren können. Doch er schlug stattdessen mit seinem Springer den Bauern auf f 2 und verlor die Partie. Nachher urteilte er dennoch zufrieden: „Ich hab gut mitgehalten.“
Großmeister Bassem Amin indes gewann alle seine Partien und stieg mit dem schwedischen Verein Wasa SK in die Quarantäne-Liga 3B auf. Die Schweden peilen vermutlich den Durchmarsch bis in die Bundesliga an. Laut des Initiators und Turnierorganisator der Veranstaltung, Fidemeister Jens Hirneise, wurde in der höchsten Klasse zuletzt sogar ein Preisgeld ausgelobt: 19 Euro.

Darauf kann der SK Werther wohl in naher Zukunft nicht hoffen. Immerhin aber schaffte er am folgenden Spieltag in der Quarantäne-Liga 5B den direkten Wiederaufstieg und verdiente sich das Prädikat Fahrstuhlmannschaft. Dabei glänzte Jonas Freiberger mit einer Turnierleistung von 2634 Punkten und dem zweiten Platz in der Einzelwertung. Er bezwang sogar Großmeister Carlos Daniel Albornoz Cabrera aus Kuba (Fide-Elo: 2573). Hier ist die Schlussstellung ihres Blitzduells, nachdem die weiße Dame einen Bauern auf e6 geschlagen hat. 

Der Rechner zeigt ein Matt in zehn Zügen an. Der Schwarze gab auf.

Und hier ist der link zur Abschlusstabelle unseres Wiederaufstiegs in die Quarantäne-Liga 4B: https://lichess.org/tournament/cmiD4hjx

 

NRW-Klasse 7. Spieltag: SK Werther – SK Münster II 3:5

Werther (ehu). Kürzlich berichtete mir ein Freund vom sogenannten Dunning-Kruger-Effekt. „Dunning und Kruger hatten in vorausgegangenen Studien bemerkt, dass etwa beim Erfassen von Texten, beim Schachspielen oder Autofahren Unwissenheit oft zu mehr Selbstvertrauen führt als Wissen“, sagt Wikipedia.

Hier ist der Graph dazu, der das Verhältnis von Selbstvertrauen und Wissen veranschaulicht, ebenfalls aus der freien Enzyklopädie:

Demnach erreicht die grüne Kurve auf dem Weg vom Unwissenden bis zum Guru zwei Höhen beim Selbstvertrauen, nämlich gleich am Anfang den paradoxen „Mount stupid“ und am Ende das „Plateau der Nachhaltigkeit“. Dazwischen liegt das „Tal der Verzweiflung“ und der „Weg zur Erleuchtung“.

Die Kurve eignet sich natürlich hervorragend als Instrument, um Gegner, Freunde,  Nachbarn oder Mannschaftsmitglieder zu verspotten.  Ich frage mich, ob es nicht manchmal möglich sein könnte, dass Schachspieler vom „Weg der Erleuchtung“ zurückhüpfen auf den „Mount stupid“. Zumindest habe ich nach unserer Niederlage gegen Münster bei Jonas, Kalle und Markus die Vermutung dazu, weil sie allesamt ihre schönen, teilweise gewonnenen Stellungen mit großer Überzeugung wegpatzten.

„Wir hätten 6:2 gewinnen können“, stellte Marko nachher ganz richtig fest. Er hatte zuvor seinen Gegner im Endspiel mitten auf dem Brett mattgesetzt. Seine kuriose Schlussstellung kann ich leider nicht zeigen, da mir all meine Fotos zum Mannschaftskampf abhanden gekommen sind und mir keiner – bis auf Marius – seine Notation zur Verfügung stellte. Aus demselben Grund kann  ich Jans Sieg ebenfalls nicht mehr als nur erwähnen, der aus einer eher schlechten Stellung heraus gewann.

Es gibt jetzt nur einen kurzen Abriss von zwei Partien, der von mir und der von Marius: Marius hat vermutlich seine beste Saisonleistung gezeigt. Er spielte seinen Gegner aus der Eröffnung heraus mit einer Kette starker Züge an die Wand. Hier ist seine Stellung bevor er als Schwarzer am Zug auf c4 die Dame schlug: 

Weil er danach durch ein drohendes Grundreihenmatt den Läufer gewonnen hätte, gab sein Gegner auf. Hartmann – Neumann 0:1.

DasTal der Verzweiflung bleibt indes mir vorbehalten. Jan zwang mich völlig zurecht, auf Sieg zu spielen. Als ich ihn fragte, ob ich Remis machen dürfe, hatte ich eine potenzielle Stellungswiederholung auf dem Brett. Doch Mario stand zu der Zeit im Läuferendspiel mit zwei Minusbauern auf Verlust, so dass der 3:4-Rückstand unvermeidlich war. Kurz zuvor erreichte ich sogar eine Gewinnstellung, erkannte aber die Opferfortsetzung nicht. Hier ist sie:

Lxh5 ist dem Rechner fast drei Bauerneinheiten wert – mir nicht. Ich zog grottig Th4.

Im späteren Spielverlauf opferte ich eine Figur nach der anderen und brach die Stellung komplett übers Knie. „Und er spielt auch noch weiter“, lästerte Jonas später in der Analyse. Was ich ihm, angesichts der Entstehung, bei passender Gelegenheit einmal mit einem spöttischen Muahahahaha vergelten werde. Kläglich musste ich in meine sechste Saisonniederlage einwilligen – ein Desaster.

Wir sind durch die bittere Niederlage wieder auf einen Abstiegsplatz gerutscht und ich muss wohl in der nächsten Saison wieder mit Miguel in einer Mannschaft spielen. Hier ist der link zur Tabelle: https://nrw.svw.info/ergebnisse/show/2019/2871/

Jonas ist TWW-Blitzmeister

Halle (ehu). Jonas Freiberger ist Bezirksmeister im Fünf-Minuten-Blitzschach. Er lehrte 14 Mitkonkurrenten das Fürchten und gewann alle Partien bei der TWW-Einzelblitzmeisterschaft in Halle im Keller des Bürgerzentrums Remise. Sogar gegen seinen Chef zeigte er kein Erbarmen, den Schuldirektor Markus Spindler, der sich als ein starker Schachspieler entpuppte. Nur in einer Partie stand Jonas im Endspiel klar auf Verlust, doch sein Vereinskollege  Karl-Ulrich Goecke überschritt die Zeit.

Jonas Freiberger kann sich offenbar kaum gerade halten vor Freude. Er hat das Ding.

Erfreulich aus Sicht des SK Werther ist zudem das gute Abschneiden unseres Youngsters Leon Drees, der Fünfter wurde.

Hier der link zur Abschlusstabelle: http://www.sk-halle.de/wp-content/uploads/2020/02/TeutoBlitz-Februar-2020-Kreuz-R15.htm

NRW-Klasse 6. Spieltag: SG Bochum II – SK Werther 4:4

Bochum (ehu). Jonas sagte mir: Der Artikel zum Spiel schreibe sich dieses Mal von alleine. Das stimmt. Doch muss ich dafür einen der unseren in Ungnade bringen – und das will ich nicht. Denn vermutlich ist ihm das Geschehen auf dem Brett wohl selbst peinlich.

Aber ich bin der Wahrheit verpflichtet. Also berichte ich über die wohl schnellste Niederlage unserer Vereinsgeschichte. Die Unangreifbarkeit des Betroffenen bleibt gewissermaßen gewahrt, indem ich seinen Namen verschleiere und einen geänderten verwende: Miguel.

Miguel also ist am Sonntag nach eineinhalb Stunden Fahrt in Bochum angekommen und dort in der Erich-Kästner-Gesamtschule nach kaum fünf Minuten in eine Falle getappt, die in der NRW-Klasse wohl ihresgleichen sucht. Ein Spieler der vierthöchsten Liga tappt niemals hinein, glaubte ich. Denn das ist so, als würde Manuel Neuer einen Kullerball nicht am Überqueren der Torlinie hindern können.

Der Kullerball rollte an unserem Mann vorbei. Nach fünf weißen Zügen entschied er sich in dieser Stellung für den Klopper Sd7:

Die Antwort kam prompt. Ich werde sie nicht nennen – fast jedes Kind, das Schachspielen kann, findet sie. Weiß setzte matt. So endete das Spiel in Rekordzeit und Miguel stieg Schamesröte ins Gesicht. In die Falle wird er vermutlich nicht noch einmal hineinfallen. Weiter leiden aber wird er müssen. Denn ich werde ihn immer dann daran erinnern, wenn er mich wieder beim Blitzen besiegt hat.

Doch nun zum schwierigeren Teil des Berichtes – den lästerfreien, erfreulichen Dingen: Marius gewann gegen das vierzehnjährige Schachtalent Robert Prieb. Wie das geschah, ist mir ein Rätsel. Als ich zwischendurch einmal kurz auf sein Brett blickte, sah die Stellung für ihn pleite aus. Sie war allerdings so wild, dass der Doktorand der Physik die Partie drehen konnte. Nach dem Entziffern von Marius‘ kryptischer Notation zeigte mir der Computer den Wendepunkt der Partie. Hier ist er:

Schwarz zog jetzt h6 – ein Fehler. Marius bestrafte die inkonsequente Fortsetzung mit fxe6! und stand plötzlich deutlich besser.

Am zweiten Brett entwirrte Marko Suchland ein Schwerfigurenknäuel zum Sieg. Ein Remisangebot schlug sein Gegner im 30. Zug aus. Das war verständlich: Denn Schwarz hatte zuvor die ganze Zeit besser gestanden und schließlich einen Bauern gewonnen. Später aber wich der Bochumer einer stellungsgemäßen Zugwiederholung mit einem krassen Fehler aus:

Bochums Mann hätte in obiger Stellung mit seinem König den Schachgeboten aus dem Weg gehen sollen, rauf und runter. Er jedoch wollte offenbar gewinnen und zog Tf8. Die Rechnerbewertung flippt aus – Damengewinn für Weiß: Nach Txf8, Kxf8 kommt Tf3 mit Schach und gleichzeitiger Entfesselung der weißen Dame. Die droht jetzt Matt auf e8. Um das zu verhindern, spuckte der Bochumer kopfschüttelnd seine Dame und litt noch ein paar Züge weiter bis zum unumgänglichen Eingeständnis der Null.

Nach dem Damengewinn huscht beim Notieren ein winziges Lächeln über Markos Lippen.

Kampflos siegte unser Spitzenspieler Jan Haskenhoff, weil die Bochumer das erste Brett nicht besetzten. Das kam lange nicht vor. 100 Euro Strafe kassierte die SG Bochum. Jans Zeit war vertan.

Jonas und Kalle steuerten zum Mannschaftsremis gegen starke Gegner jeweils ein Remis bei. Ihre Partien waren für meinen Geschmack etwas dröge.

Mario unterlag als Letzter.  Wacker kämpfte er am fünften Brett beim Spielstand von 4:3 im verschiedenfarbigen Läuferendspiel. Zwei Mehrbauern des Gegners überstrapazierten jedoch Marios König und Bischof.

Ich hatte zu dem Zeitpunkt längst aufgegeben. Schon ausgangs der Eröffnung setzte ich eine  gute Idee falsch um, quälte mich mit einem gegnerischen Turm auf der siebten Reihe herum und gab erst im 57. Zug auf.

Der eine Mannschaftspunkt gegen den Tabellenzweiten ist immerhin ein kleiner Erfolg. Noch sind wir Tabellensiebter,  eineinhalb Brettpünktchen fern von den Abstiegsplätzen. Anbei der link zur Tabelle: https://nrw.svw.info/ergebnisse/show/2019/2871/

 

 

 

 

Karl Ulrich Goecke gegen Matthias Blübaum

Bielefeld. Kalle zählt zu den Stammgästen beim Volksbank-Cup. Vermutlich weil er dort regelmäßig eine gute Leistung erzielt. Auch bei der neunten Ausgabe des Schnellschachturniers war das so. Unser viertbester Spieler im Verein  landete nach neun Runden auf dem zehnten Platz von 88 Teilnehmern, nur knapp hinter den Preisgeldrängen – ein schöner Erfolg.

In der dritten Runde bescherte ihm das Los sogar Schachprominenz: GM Matthias Blübaum (Elo 2645). Mit Schwarz zog Kalle in den Kampf und verlor. Zwar zeigte er mir die Partie im Anschluss, doch zu wenig verstand ich von den Feinheiten der Stellung. Es ging wohl um einen Springerabtausch und das Aufziehen der Königsflügelbauern zur rechten Zeit – ich hab es nicht begriffen.

Nur einen Augenblick nach dieser Szene muss Kalle den weißen Zug Df6 schlucken. Er hat schon die Qualität weniger und verliert jetzt auch noch das Feld g7. Kalle gab auf.

Matthias Blübaum zog hier Df6. Blübaum – Goecke 1:0.

Zaungast war ich, als Kalle gegen FM Martin Hörstmann eine Qualität gewann und nach meinem Urteil klar besser stand. Am Ende vereinbarten sie Remis.

Für mich (Ekkehard Hufendiek) war es ein Ping-Pong-Turnier. Abwechselnd kreuzten deutlich schwächere und deutlich stärkere Gegner meinen Weg. Gerne hätte ich einen 2000er gehabt, oder wenigsten mal einen 1900er.  So spielte ich, gewann gegen die einen und verlor gegen die anderen, ohne eine Perle zu produzieren. Platz 31 war nicht schlecht, doch etwas mau.

In der letzten Runde zum Beispiel bekam ich den Paderborner Nachwuchsspieler Yin Haode (DWZ 1857) zugelost. Ich riskierte viel und spielte ein Gambit mit dem ich einst den zehnjährigen Matthias Blübaum geschlagen hatte. Irgendwann kam es zu folgender Stellung:

Ich hatte soeben Da4 gezogen und Schwarz kann gegen Lxa6 und Lxb7+- nichts mehr ausrichten, – außer Ka7 spielen. Nach mehreren Minuten des Nachdenkens vergaß der 14-Jährige tatsächlich seinen Turm auf e8 und zog Ka7. Ich sackte den Turm ein und setzte nach vielen weiteren Zügen umständlich matt.

Fahrlässig agierte ich hingegen gegen IM Roman Tomaszewski, verlor durch den Gabeltrick in der Eröffnung einen Zentralbauern und wurde dann langsam zusammengeschoben. Auch gegen Alexeij Wagner hatte ich keine Ahnung von den Dingen, verlor einen Läufer und ging schlimm unter.

Vor einer meiner Siegpartien übrigens erzählte mir mein Gegenüber, Jan Wehr, ich sei jetzt ein Youtube-Star. Tatsächlich: https://www.youtube.com/watch?v=gXSNjDrlWrE

(Ich empfehle Minute 2.06 bis 2.50. Später kommt sogar Jonas‘ TurKMenistan-Regel vor. Sie wird zwar als TurKMekistan-Regel bezeichnet, doch was solls).

Andreas war der dritte Vertreter unseres Vereines.

In der Auftaktrunde hält sich Andreas gegen Robin Wünderlich (Elo 2173) lange gut, geht aber schließlich doch unter.

Er startete mit zwei Niederlagen, setzte mit zwei Siegen fort und erzielte am Ende 4,5 Punkte – ein gutes Resultat.