Bogdan Bilovil gewinnt zum dritten Mal in Folge das Schloss-Open

Der Sieger des 28. Schloss-Opens: IM Bogdan Bilovil.

Werther (ehu). „Ohne Anschnallgurt wäre ich jetzt tot“, sagt Bogdan Bilovil vom Oberligisten Schachfreunde Bad Emstal/Wolfshagen. Auf der Fahrt zum Mannschaftskampf erlitt der 19-jährige Internationale Meister Ende Februar bei einem Frontalzusammenstoß auf einer Bundesstraße bei Hofgeismar zwei Frakturen im Rücken.

Frontalzusammenstoß auf der B83 bei Hofgeismar. Der Renault im Vordergrund geriet in den Gegenverkehr, im Auto dahinter saß Bogdan Bilovil. Copyright: Feuerwehr Hofgeismar

Eine 42-jährige Frau hatte nach Angabe Bilovils während der Autofahrt einen Herzinfarkt erlitten. Sie geriet auf die Gegenfahrbahn und stieß mit dem VW Touran zusammen, in dem Bogdan Bilovil im Fonds saß. Die Frau musste wiederbelebt werden, Bilovil wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert.

Zwei Monate später bereitet ihm langes Sitzen noch etwas Schmerzen – für den angehenden Großmeister ein echtes Handicap. Öfter als üblich erhebt er sich deswegen von seinem Platz und spaziert bei seiner dritten Teilnahme am Schloss-Open durch den Turniersaal. Für Bilovil ist es das erste Schachturnier nach seinem Unfall.

Seine Erstrundenpartie geht der Favorit verhalten an: „Ich musste mich erst einmal wieder einfinden“. Er spielt Remis gegen den deutlich schwächer eingeschätzten Tim Fuhlrott von der SG Bünde und findet sich zunächst im Mittelfeld wieder.

Von da an lenkt ein ehemaliger Wertheraner Schachspieler die Blicke der 45 Teilnehmer in der A-Gruppe auf sich: Vitali Braun. Braun ist Fidemeister, spielt derzeit in der Oberliga am vierten Brett von SK Gernsheim und besitzt die stattliche Elozahl von 2309 Punkten. Vor zwanzig Jahren vertrat er den SK Werther in der Oberliga. Heute arbeitet der promovierte Physiker hauptberuflich als Weltraumforscher bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) in Darmstadt.

Vitali Braun besitzt einen beneidenswerten Wikipedia-Eintrag: Er ist Schachspieler und Weltraumforscher.

Für die ESA berechnet er das Risiko, das umherfliegender Weltraummüll den Satelliten und der bemannten Raumfahrt bereitet. So hören die Astronauten nach seiner Angabe während ihres Aufenthaltes auf der Internationalen Raumstation (ISS) immer wieder bedrohliche „Klong-Geräusche“ -Einschläge in die Außenhülle der Station.

In der ersten Runde setzt Vitali Braun seinen Gegner unter Damenopfer in vier Zügen hübsch matt:

Matt in vier Zügen. Hier ist die Lösung, die jeder ambitionierte Schachspieler vermutlich problemlos selbst aufspüren kann: Sg6+ Kg8 Dxh7 Kxh7 Tf7+ Kg8 Sh6 matt.

Drei weitere Siege in Folge untermauern seine Führung. In Runde fünf treffen Braun und Bilovil aufeinander. Die Partie ist zum Gähnen: In der Nimzowitsch-Indischen-Verteidigung folgen die Führenden einer klassischen Variante und vereinbaren nach nur 15 Zügen Remis.

Erst die Schlussrunde entscheidet über den Ausgang an der Spitze: Während Braun über ein Unentschieden nicht hinauskommt, zieht Bilovil mit einem Sieg gegen Maurin Möller vom SK Blauer Springer Paderborn an Braun vorbei und sichert sich seinen dritten Schloss-Open-Erfolg in Folge.

Auf die Frage, welche seiner Schloss-Open-Partie am schönsten endete, wählt Bogdan Bilovil seinen Sieg in der zweiten Runde gegen Frank Eggenstein:Bilovils Springer ist nach f3 gehüpft. Von dort droht Schwarz ein Matt mit dem Turmschwenk nach h6. Wenn Frank Eggenstein den Springer schlägt, verliert er die Qualität, wenn er ihn nicht schlägt, wird er mattgesetzt. Das klassische Dilemma löst der Weißspieler, indem er die Partie aufgibt.

In einem kleinen Video zeigt der Turniersieger die hübsche Schlusssequenz:

Nur einen Tag vor dem Turnierstart verlieh der Welt-Schachverband Fide Bilovil den IM-Titel. Jetzt strebt er den Großmeister-Titel an. Eine Norm besitzt er schon. Im kommenden Sommer will Bogdan Bilovil, der zurzeit in Gütersloh wohnt, ein Turnier in Frankreich spielen, um eine zweite der drei nötigen Normen zu ergattern und die Elo-Marke von 2500 Punkten zu überschreiten – die Reise nach Frankreich tritt er mit dem Zug an und nicht mit dem Auto.

Die heimischen Schachspieler reißen indes bei ihrer Turnierteilnahme keine Bäume aus: Fast alle schneiden entsprechend ihrem Erwartungswert ab. Der Spitzenspieler des Ausrichtervereins SK Werther etwa, Jonas Freiberger, landet als Setzlistenelfter in der A-Gruppe auf dem zehnten Platz. Sein Teamkollege Florian Schwartz kassiert fünf Niederlagen in Folge und muss nach einem Schlussrundensieg mit dem drittletzten Platz vorliebnehmen.

Vierte Runde am dritten Brett: Jonas Freiberger (2196) – Maurin Möller (2248) 0:1.
Florian Schwartz vom Ausrichterverein SK Werther wagt nach seinem zweiten Platz in der B-Gruppe des Vorjahres den Ausflug in die A-Gruppe: Er wird Drittletzter, gewinnt aber immerhin die Schlussrunde.

Ekkehard Hufendiek, der Berichterstatter vom SK Werther, landet in der B-Gruppe mit 3,5 Punkten aus fünf Partien auf dem zehnten Platz. In der C-Gruppe schneidet von den Altkreisspielern Felix Linnenbrügger am besten ab: Er erobert mit 3,5 Punkten Rang vier und erreicht damit die Preisgeldränge. Joshua Schramm wird 23., Andreas Diembeck 26. und Insa Marie Schwittay 44..

Blick in den Hauptspielsaal mit den unteren Brettern der A-Gruppe im Vordergrund.
Joshua Ruschhaupt vom SK Werther siegt in der dritten Runde der D-Gruppe mit den weißen Steinen.
Jonas Stampehl vom SK Werther gewinnt mit Schwarz.

Die D-Gruppe schließen Paul Böckmann und Aaron Schramm mit jeweils 3,5 Punkten aus fünf Partien auf dem neunten und zehnten Platz ab. Zwei Nachwuchshoffnungen des SK Werther, Jonas Stampehl und Joshua Ruschhaupt, landen auf Platz 18 und 19. Anton Weßling wird 27., sein Vater Daniel 35.. Colin Sahrhage wird 40., Mathematikprofessor Stefan Bauer landet bei seiner dritten Turnierteilnahme auf dem 51. Platz.

Und hier noch einige Fotos und Videos vom Turnier in loser Folge:

Der Schiedsrichter Dirk Husemann (v.l.) und der Vorsitzende des SK Werther Markus Henkemeier mit den vier Gruppensiegern IM Bogdan Bilovil (A-Gruppe), Felix Pennig (B-Gruppe), Vitalii Makoveienko (C-Gruppe) und Moritz Wagner (D-Gruppe).
Maurin Möller vom SK Blauer Springer Paderborn spielt ein starkes Turnier und landet punktgleich mit Maurice Gulatz und Klaus Schmitzer auf dem dritten Platz.
Ashwath Kaushik ((Elo 1958) aus Singapur ist neun Jahre alt. Nach Angabe seines Trainers Ilja Zaragatski weist das Guiness-Buch der Rekorde den Jungen als jüngsten Spieler der Welt auf, der einen Großmeister besiegte. Im Alter von acht Jahren bezwang er den polnischen GM Jacek Stopa. Beim Schloss-Open verlor er die Auftaktrunde gegen unseren Lokalmatadoren Jonas Freiberger und weinte. Zwei Siege und ein Remis folgten. Nach der vierten Runde stieg er aus dem Turnier aus. Die Gründe kenne ich nicht.
Die derzeitige Rangliste der jüngsten Großmeisterbezwinger der Welt im Schach. Quelle ist folgender Link von chess.com: https://www.chess.com/de/news/view/8-jaehrige-ashwath-schlaegt-schachgrossmeister-und-stellt-einen-neuen-weltrekord-auf
Die 15-jährige Lisa Sickmann (DWZ 1998) vom Lübecker SV ist die derzeitige Nummer Acht im weiblichen Förderkader des Deutschen Schachbundes.
Fabian Schaller (Elo 2083) spielt ein starkes Turnier. Der Mann vom SV Welper holt 4,5 Punkte, verpasst die Preisgeldränge nur knapp und landet am Ende auf dem neunten Platz.
Zielgenau schiebt Jonas Freiberger seinen Mehrbauern nach vorne. Wenige Züge später gibt Meinolf Kemper vom SK Delbrück seinen Widerstand auf.
FM Mykola Korchynskyi von den Schachfreunden Essen-Katernberg wird mit 4,5 Punkten Neunter. Er ergattert den U18-Sonderpreis in Höhe von 80 Euro.
Die letzte Partie des Turniers: Die Kontrahenten in der B-Gruppe hängen am seidenen Faden des Inkrement-Modus‘. Die Partie ist äußerst spannend und ein Fest für die Kiebitze. Am Ende setzt sich der Fidemeister Milan Kandic von den Sfr. Bad Emstal/Wolfshagen gegen den jungen Adam Popkiewicz vom Bielefelder SK durch. Nach Angabe eines Bielefelders spielt Popkiewicz erst seit einem Jahr Schach.

Im folgenden kurzen Video zeigt Jonas seine Schlusskombination gegen den 9-jährigen Ashwath Kaushik aus Singapur. Leider ohne Kommentar, so dass man dem Geschehen nicht ohne Weiteres folgen kann – aber egal:

Kurze Stippvisite in Werther: Großmeister Ilja Zaragatski schaute zu Beginn der zweiten Runde seinem Schützling Ashwath Kaushik über die Schulter – dann verschwand er wieder.

Beginn der zweiten Runde im A-Open:

Der internationale Schiedsrichter Dirk Husemann erklärt dem neunjährigen Jungen aus Singapur wie er die Züge gegen den blinden René Adiyaman ansagen muss:

Valentyn Prokofiev ist Mitfavorit und erleidet gegen Vitali Braun eine schmerzliche Weiß-Niederlage. Damit scheidet er aus dem Rennen um den Turniersieg aus. Das Foto zeigt ihn im Spiel der dritten Runde gegen CM Maurice Gulatz (paff-morris), dass Prokovief gewann.
Yonathan Winkler vom Bielefelder SK unterliegt in der vierten Runde Fidemeister Mykola Korchynskyi von den Schachfreunden Essen-Katernberg.
WFM Helena Neumann (Elo 2082) vom Gütersloher SV hat innerhalb nur eines Jahres fast 350 Elopunkte gewonnen.
Der Schachstreamer Maurice Gulatz von der SG Kirchlengern (links) verliert zwar gegen den Internationalen Meister Valentyn Prokofiev, spielt aber ein gutes Turnier und landet letztlich auf dem vierten Rang – drei Plätze vor Prokofiev.
Linus Kraus vom SK Turm Schiefbahn platziert ein Maskottchen neben seinem Brett.
Herbert Kruse aus Bielefeld legt eine Punktlandung hin: Mit Platz 13 bestätigt er seinen Setzlistenplatz in der A-Gruppe.
Joshua Schramm vom SK Werther in der C-Gruppe.
Bogdan Bilovil drückt im Spiel mit Frank Eggenstein die Uhr.
Der spätere Zweitplatzierte Dr. Vitali Braun bezwingt in der zweiten Runde Yonathan Winkler vom Bielefelder SK.
Ashwath Kaushik hält mit den weißen Steinen Remis gegen den Fidemeister Cedric Chassard, der soeben seinen Turm zieht.
Auf der linken Seite im Bild sitzen Insa Marie Schwittay (hinten) und Andreas Diembeck vom SK Werther.
Anton Weßling vom SK Werther tritt in der D-Gruppe an.
Blick über einen Teil der D-Gruppe im Haus Werther.
In der C-und D-Gruppe finden sich die größten Altersunterschiede zwischen den Teilnehmern.
siehe Bildkommentar oben.
siehe Kommentar oben.
Mathematik-Professor Stefan Bauer hat erst vor kurzem mit dem Schachspiel im Verein begonnen.
Analyse im Innenhof.
Jonas Freiberger (rechts) gewinnt in der Schlussrunde gegen Meinolf Kemper.

Das Schlussbild gehört dem ehemaligen Vorsitzenden unseres Vereins, der seine Schachkarriere im Sommer dieses Jahres an den Nagel hängt: Karl-Ulrich Goecke. Er sorgte nicht zuletzt für einen reibungslosen Ablauf des Catering-Dienstes:

Kalle in selten entspannter Pose.

Und am Ende der Link zur Ergebnisseite:https://wp.skwerther.de/schloss-open/ergebnisse2025/.

 

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