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Unsere Erste hat das letzte Saisonspiel gegen die Reserve der Schachfreunde aus Lieme klar und etwas zu hoch gewonnen und damit die Saison auf einem insgesamt sehr zufrieden stellendem 5. Platz beendet. Dabei ging es streng genommen nur noch um eine beliebte und vielzitierte Südfrucht.
Wikipedia meint dazu: „Die Goldene Ananas ist als umgangssprachliche Redewendung ein fiktiver Preis, der für einen Wettbewerb mit eigentlich irrelevantem Ausgang vergeben wird. Der Begriff wird überwiegend für Sportereignisse verwendet.“
Immerhin also, möglicherweise hält Wikipedia Schach richtigerweise für Sport. Andererseits ist der Ausgang ja jetzt auch nicht irrelevant, schließlich geht es ja noch um Wertungspunkte und Tabellenplatzierungen. Und am wichtigsten dabei, es war der letzte Mannschaftskampf unseres langjährigen Kapitäns und Präsidenten Karl-Ulrich Goecke, dem leider zuletzt der Spaß am Schach abhanden gekommen ist. Das ist sehr schade, Karl, Du wirst uns als Mensch und als Spieler sehr fehlen! Und solltest Du irgendwann Lust auf ein Comeback a la Rolling Stones, AC/DC oder Howard Carpendale haben – hello again!
Beide Mannschaften gingen heute stark ersatzgeschwächt an die Bretter. Dem Spiel war die Brisanz eines möglichen Finales am letzten Spieltag durch unseren Punktgewinn und die gleichzeitige Niederlage der Liemer, die dadurch bereits als dritter und letzter Absteiger feststanden, verloren gegangen. So konnten beide Seiten bei frühlingshaftem Wetter unbeschwert aufspielen.
Marko Suchland erreichte an Brett drei einen sicheren Sieg gegen Marvin Karsunke. Im Laufe des Mittelspiels gelang es ihm, über die c-Linie mit seiner Dame auf c3 einzudringen und letztlich in ein für den Liemer mindestens sehr schlechtes, wahrscheinlich verlorenes Endspiel abzuwickeln. Der Liemer versuchte noch, mit seinem b-Freibauern Gegenspiel zu bekommen, was aber keine Chance auf Erfolg hatte.
Unser Schach-Frührentner Karl spielte gegen Joachim Storks Holländer. Es ergab sich eine interessante Stellung mit einem potentiell starken Zentrum für Karl und gewissen Gegenchancen für Joachim am Königsflügel. Letztlich schienen beide mit dem Remis, dass sie dann relativ schnell vereinbarten, zufrieden.
Karls Stellung nach seinem letzten Zug Dd2, nach dem die Partie remis gegeben wurde. Bei unserem Ersatzmann Mesud Mujanovic an Brett 8 ergab sich von Beginn an ein Kampf mit offenem Visier. Mesud spielte gegen seinen jungen Gegner kompromisslos auf Angriff, dieser verteidigte sich anfangs noch ganz passabel, verlor dann aber ein wenig den Faden und sah sich zu einem Damenopfer genötigt. Am Ende gewann Mesud sehr sehenswert. Was bei dieser Partie korrekt war und was nicht, konnte letztlich auch die Open Air-Analyse im Sedan nicht ganz genau klären, eine schöne Aufgabe für Stockfish.
Auch Michael Henkemeier an Brett 7 konnte einen weiteren vollen Punkt für uns eintüten. Gegen Wilfried Köhler wählte er insgesamt den aus meiner Sicht etwas harmonischeren Aufbau, wenn im Mittelspiel insgesamt auch noch nicht viel los war. Dem Liemer unterlief dann aber ein folgenschwerer Fehler, als er Michaels Dame durch einen Bauernzug zu seinem König einlud. Unterstützt von weiteren Figuren ging schnell viel Material für den Liemer verloren, am Ende verblieb Michael mit einem Läufer mehr.
Malte Prochnow spielte diesmal an Brett 5. In der Eröffnung lief für ihn sehr wenig bis nichts zusammen, so dass er ziemlich früh eine totale Verluststellung auf dem Brett hatte. Er versuchte dann mit Hilfe eines edlen Springers auf d5 am Damenflügel zu tricksen, was ihm dann auf wundersame Weise unter großer Mithilfe seines Gegners gelang. Dieser spielte hauptsächlich passive Züge, mit einer Ausnahme, aber der mutig nach f4 vorne gepreschte Bauer ermöglichte aufgrund einer Fesselung einen weiteren Bauerngewinn. Am Ende stand der Liemer dann völlig auf Verlust und hatte aufgrund des unglücklichen Partieverlaufs wohl auch mental resigniert.
Chancenwucher an Brett 5, Zeitwucher von Jan Haskenhoff an Brett 2: Seine Stellung war bald etwas angenehmer, aber ein Blick auf Jans Uhr verhieß nichts gutes. Es gelang ihm aber rechtzeitig seine Vorteile zu verdichten. Er drang mit seinen Schwerfiguren über die c-Linie auf die siebte Reihe seines Gegners Andre Wolf ein, der dann bald in aussichtsloser Stellung aufgab.
Bei Jonas an Brett 1 wusste man anfangs mal wieder einiges nicht ganz so genau: Kann das alles richtig sein, steht einer besser oder nicht? Es war eine interessante Partie mit einigen ungewöhnlichen Zügen und Manövern. Am Ende gewann Jonas die Partie im Endspiel, da sein Springer eine Läuferdiagonale blockieren konnte und damit seinem Bauern die Umwandlung ermöglichte. Die spätere Analyse ergab, dass sein Gegner Holger Stork das Endspiel mit genauem Spiel noch hätte remis hätte halten können.
Schlussstellung bei Jonas: Sein Springer blockt den Läufer und es gibt eine neue Dame. Zuletzt spielte noch Mario Ortpaul gegen einen Holländer, und das einen Tag nach dem holländischen Königinnentag. Allerdings nicht gegen einen Stonewall oder einen Leningrader, sondern gegen Holger Holländer. Nach der Eröffnungsphase – übrigens kein holländisch – stand Mario etwas besser, wählte dann aber einen falschen Plan, zu allem Überfluss ging dabei ein zentraler Bauer verloren. Es ergab sich in beidseitiger Zeitnot ein taktisches Gefecht, in dem der Liemer seine am Königsflügel aktive Dame einbüßte, und dafür nur einen Turm bekam. Nun spielte wiederum Mario ungenau und der Liemer kämpfte mit seinem verbliebenen Material – zwei ganz starke Läufer und ein aktiver Turm – bravourös gegen die in die Defensive gedrängte Dame und den Turm von Mario. Am Ende wurde die Partie zurecht remis gegeben.
Die anschließende Analyse konnte aufgrund der außerordentlich guten Wetterbedingungen Open Air im Sedan stattfinden. Nur wenige hatten sich mit einer Sonnenbrille bewaffnetet:
Im Sedan wurde diesmal so einiges geboten: Karl hatte uns zu seinem Abschiedsspiel dankenswerter eingeladen. Zu Ehren eines frisch 50-jährigen – wer das genau war, konnten wir nicht ermitteln, jedenfalls nicht Karl, der ist glaube ich jünger – wurde dort gefeiert und gesungen, es gab eine sicher lange vorbereitete Revue mit flotten Frühlingsliedern, an der auch wir uns erfreuen durften.
Die Gäste wirkten aber angesichts des fortgeschrittenen Nachmittags, der Menüfolge und des ansehnlichen Kuchenbuffets etwas schwerfällig und undynamisch. Sicher haben sie sich gefragt, wer eigentlich diese fröhlichen Leute da draußen sind. Es hat sich aber niemand zu uns gesetzt. Wäre sicher lustig geworden und vielleicht hätten wir ja auch noch etwas zusammen singen können. Aber vielleicht war das auch besser so, nach der Saison ist ja auch ein bisschen vor der Saison, auch wenn es sich heute nicht so angefühlt hat.