Werther (ehu).
So fühlt es sich also an, wenn einem die Frauen zu Füßen liegen. Ich bin ein großartiger Mensch, wenn nicht sogar der beste. Fünf Punkte aus fünf Partien habe ich bei den OWL-Einzelmeisterschaften im Haus Werther geholt – Performance laut DWZ-Rechner 2542.
Und was war das Turnier gut besetzt! Sowohl in der Spitze als auch in der Breite waren die besten Spieler anwesend, die da waren. Ich besiegte die Nummer Eins der Setzliste, die Nummer Zwei , die Nummer Drei und die Nummer Vier. Kurzum: Ich schlug sie alle. Hier die Endtabelle (leider etwas unscharf):
Es folgt ein sehr ungewöhnliches Stellungsbild aus der Vorschlussrunde, in der ich eine turnierentscheidend gute Wahl traf. Im Duell mit dem bis dahin Führenden, Joachim Stork (DWZ 1948), rückte ich den h-Bauern ein Feld vor – bester Zug:
Die zweizügige Taktik zum Schluss mit Weiß am Zug ist eine kleine Fingerübung für Geübte, aber dennoch ganz hübsch:
Die Lösung: Tb8, Ke7 und Txd8 und Schwarz gab auf.
Ohne etwas Glück ging’s natürlich nicht – zumindest nicht in einem relativ homogen besetzten Turnier: Das folgende Diagramm zeigt das Schlussbild meiner Letztrundenpartie gegen Martin Fenner (DWZ 1867). Zu dem Zeitpunkt führte ich das Feld mit einem Punkt Vorsprung an. Im 15. Zug bot ich Remis, um den Turniersieg abzusichern – Fenner lehnte ab.
Es folgte Kampfschach pur. 80 Züge und fast sechs Stunden später – draußen war es längst stockfinster geworden -, führte ich meine Züge nur noch aus wie ein Roboter. Martin Fenner hatte mich total an die Wand genagelt.
Drei Sekunden vor Ablauf meiner Zeit zog ich meinen Turm auf die Grundreihe. Wenige Augenblicke später ruft der Schiedsrichter (Malte Brinkmann): „Zeit!“. Damit beendete er das 94-Züge-Drama zu meinen Gunsten. Auf Fenners Uhr blinkte das digitale Fähnchen – trotz 30-Sekunden-Inkrement und fünf Züge vor dem Matt. „Jetzt hab ich verloren“, stellte Martin Fenner entgeistert fest.
Irgendein Umstehender schlug sich die Hand vor die Stirn. Andreas Lückner, der Drittplatzierte gratulierte mir verwundert. Lukas Ott, der Zweitplatzierte war zuvor genervt aus dem Turniersaal marschiert und hatte lautstark beklagt, dass ich „immer noch“ weiterspiele. Nun kehrte er zurück und gab mir ungläubig die Hand zur Gratulation. Kalle sagte, er leide mit Martin Fenner, weil der mich richtig „trocken“ überspielt hatte. Michael meinte später, dass das „wie in Marburg“ gewesen sei.
Doch im Gegensatz zu Marburg habe ich dieses Mal gewonnen. Außerdem hätte ich das Turnier auch nach einer Niederlage als Erstplatzierter beendet.
Die zwei Teilnehmerinnen ergatterten ebenfalls Pokale und Titel: Lilian Schirmbeck (l.) ist OWL-Meisterin, Maryam Allahverdi Vizemeisterin.