Lippstadt (ehu). Die italienische Eröffnung langweilte. Während meiner Partie blickte ich aus dem Fenster und beneidete eine Kanufahrerin, die auf der Lippe gegen die Strömung paddelte und rote und grüne Tore umkurvte.
Vom ungewöhnlichen Panorama abgelenkt verlor ich auf dem Schachbrett die Kontrolle über das Zentrum. Zuvor war ich in aller Herrgottsfrühe aus Kiel angereist und starb am Brett einen müden Tod.
Meine Null blieb zum Glück die einzige des Tages – zumindest die einzig klägliche. Jan verlor zwar auch, doch sehr heroisch:
Seine Endspielstellung gegen Lippstadts 12-jährigen Spitzenspieler und eines der derzeit größten deutschen Schachtalente, Hussain Besou (DWZ 2283), ist im Diagramm remis. Der Computer zeigt 0,0 an.
Besou aber zieht den Bauern nach c4 und seine Stellung ist plötzlich verloren. Im Folgenden schlagen die Spieler Flickflack: Erst vergibt Jan den Gewinn, dann ist es remis, dann vergibt Besou den Gewinn, dann Jan, dann ist’s wieder remis und schließlich gewinnt Besou. Sie hätten würfeln können. Die letzte Siegchance gegen den Fidemeister aus Lippstadt verpasste Jan im 47.Zug:
Aber wer hätte hier mit Weiß das kryptische Manöver Tb3, Kb7 und Tb4 gefunden? Jan zog Ta8 und die Stellung ist wieder remis. Einen Zug später wandelt er fehlerhaft seinen Bauern um und sein Turm kann die schwarzen Bauern alleine nicht mehr stoppen – sehr unglücklich gelaufen.
Trotzdem haben wir den Kampf gegen den Tabellenzweiten gewonnen – und zwar verdient:
Vor allem dank der Siege von Kalle am zweiten, Markus am vierten und Mario am siebten Brett.
Leider kann ich an dieser Stelle kein Foto von Kalle einklinken, denn ich habe keines – außerdem dachte ich, er verliert so blind wie beim letzten Mal. Verlegen zeige ich deswegen nur die entscheidende Stellung, die das Blatt zu seinen Gunsten wendet:
Kalles Springereinschlag ist der Zug des Tages – in Kalles Worten ein „Zauberzug“.
Markus gewann nüchtern: Er pflückte bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit die Bauern des Gegners vom Brett.
Während Jan noch kämpfte, zeigte Markus seinen Kameraden stolz den Partieverlauf:
Mario setzte seinen Gegner im Endspiel matt.
Vielleicht ließ sich der Lippstädter aber auch mattsetzen, um sein Leiden zu verkürzen, denn er stand zu dem Zeitpunkt mit einem Bauern im Minus und zerstörter Bauernstruktur deutlich auf Verlust. Hier ist Marios Schlussstellung:
Der Mannschaftserfolg kam unerwartet. Zumal wir ohne Marko antreten mussten. Dafür aber boten wir in Florian einen sehr starken Ersatzmann auf, der recht leichtfüßig zum Unentschieden marschierte.
Das Ligaorakel stufte unsere Abstiegswahrscheinlichkeit jetzt auf erträgliche 13 Prozent herab:
Dirk Husemann lächelt. Als Schiedsrichter war er während unseres Mannschaftskampfes guter Dinge – zurecht: An allen acht Brettern blieb es ruhig. Nach fünfeinhalb Stunden steckte er sein wohlverdientes Honorar ein. Auf ein Wiedersehen bis zum Schloss-Open.
Ich hingegen wollte weinen, denn wir haben verloren. Wenn Kalle seine Gewinnstellung nicht durch taktische Vergesslichkeit und ich mein schwer erkämpftes Dauerschach nicht durch überambitionierte Gewinnversuche vom Brett gefegt hätten, hätten wir zumindest einen Punkt retten können.
Unten im Bild machen sich unsere Mannschaftskameraden in der Analyse über Kalles Missgeschick lustig. In vorderster Front der Fotograf mit der Digitalkamera: „Muahahaha – wie blind kann man sein“, sagte ich und zeigte ihm die Mattvariante. „Hast du das denn nicht gesehen?“ Solche Fragen brechen das Eis.
Hier ist der hübsche Trick in einem Diagramm zu sehen, dem Kalle als Weißspieler auf den Leim ging. Statt einen Vorteil festzuzurren mit dem Bauernvorstoß b6, zog er Tc7??:
Die schwarze Antwort folgte prompt: Txc7. Nach der weißen Erwiderung Dxc7 knallte Paderborns Niklas Schlangenotto einen Hammer aufs Brett: Td1+!! Die Stellung ist sehr apart, so dass sie ein zusätzliches Diagramm verdient:
Egal wie Weiß den schwarzen Turm schlägt: Entweder er wird mattgesetzt oder er verliert die Dame.
Jan am ersten Brett verlor ähnlich hübsch.
Gegen den bis dato viermal hintereinander siegreichen Topscorer der Liga, Maurin Möller (DWZ 2202), gab sich unser Spitzenmann nach einem klassischen Angriff gegen seinen ziemlich offenen König im 31. Zug geschlagen.
Nach Möllers Opfer Dxf6+ gab Jan sofort auf, denn es wird matt im nächsten Zug.
Mario hielt seine Stellung am siebten Brett mit den schwarzen Figuren fast 40 Züge im Gleichgewicht. Dann versagten ihm die Nerven. Er gab ein zeitraubendes Schach auf der gegnerischen Grundreihe und verlor vollends die Kontrolle über die siebte Reihe. Weiß forcierte daraufhin ein zweizügiges Matt, beginnend mit einem Turmschach auf g7 (Turm schlägt Turm auf f8 hätte auch funktioniert):
Und hier folgt im Diagramm die zweite Dummheit des Tages, die meinem Kopf entsprang: ein verschmähtes Dauerschach. Nach zweimaliger Stellungswiederholung zog ich Tfe8 statt Df3+. Die Replik Dd1 beantwortete ich zusätzlich noch mit der endgültigen Torheit Te2. So verblieb ich nach der Abwicklung Txe2, Df3+, Kg1 und Txd2 mit einer Figur im Minus. Dafür strafte ich mich abends und hämmerte meine Stirn gegen eine Tischplatte wie ein pickendes Huhn:
Als Edelersatz für den fehlenden Markus Henkemeier boten wir Oliver Mußgnug auf.
Statt eine Scheidung von seiner Frau und seinen vier kleinen Kindern anzustreben, um sich ganz dem Schachsport hingeben zu können, vereinbarte er nach nur 13 Zügen Remis in folgender Stellung:
Und schwupps eilte er nach Hause zu seinen Liebsten – wer soll das verstehen?
Die zeitlich längste Partie produzierte Marko am dritten Brett.
Die Theorie sagt, dass f und h-Bauern im ansonsten nackten Turmendspiel Remis sind, wenn der König die Umwandlungsfelder unter Kontrolle hält. Marko versuchte viel, zog hierhin und dorthin, musste aber schließlich ins Unentschieden einwilligen. Am Ende erzwang sein Gegner einen Turmtausch, wodurch Markos König entweder am Rand kleben geblieben wäre – oder seinem Widerpart das Eckfeld hätte überlassen müssen:
Triumphatoren auf unserer Seite gab es nur zwei: Jonas und Malte.
Malte produzierte eine ziemlich beeindruckende Kurzpartie: Nach 16 Zügen hatte sein Gegner, Rolf Sicker, keine Lust mehr aufs Weiterspielen. Zu dem Zeitpunkt besaß Malte eine Qualität und zwei Bauern mehr. Außerdem hatte unser Mann die gegnerische Königsstellung ramponiert und mit seinem Schlusszug den Damentausch forciert:
Jonas spielte ebenfalls sehr stark: Zug um Zug wuchs sein Vorteil. Im 23. Zug fand er erneut den besten Zug und opferte die Qualität für einen Springer. So kam sein großer Trumpf – ein Freibauer auf e7 – mächtig zur Geltung:
Die mannschaftliche Niederlage war ziemlich ernüchternd, hatte das Liga-Orakel doch einen knappen 4,5:3,5-Sieg aus unserer Sicht prophezeit. Jetzt hingegen ist die Abstiegswahrscheinlichkeit auf bedenkliche 37 Prozent angewachsen. Hier ist die aktuelle Tabelle aus dem Liga-Orakel in einem Bildschirmfoto verewigt:
Paderborn (ehu). Stolz präsentiert Felix den besten Zug seines Turniers.
Eigentlich eine leichte Fingerübung. Zum Miträtseln ist die Stellung mit Schwarz am Zug angefügt, in der der weiße König soeben ein vermeintlich sicheres Versteck auf h2 bezogen hat. Felix springt ihm dennoch an den Kragen – wie?:
Die Lösung gibt’s am Ende des Artikels.
Fast der gesamte Turniersaal hörte mit, als sein Gegner kurz nach der Ausführung von Felix‘ Siegzug empörte Worte von sich gab. Ihn störte die sichtliche Freude unseres Mannes.
Felix beendete die B-Gruppe schließlich als bester Wertheraner. Er landete auf dem 32. Platz, erspielte eine Eloperformance von 1665 und durfte sich über einen DWZ-Gewinn von 117 Punkten freuen – Respekt. Hätte er in der letzten Runde gewonnen, wäre er mit 14 Punkten (Dreipunkteregel) sogar den Hauptpreisen nahegekommen. Hier sein Turnierverlauf:
Später diskutierte ich mit meiner Tochter Lina darüber, was uns an Gegnern während des Spiels am meisten nervt. Für mich sind meine eigenen Toilettengänge das Schlimmste: Denn dann werde ich regelmäßig Zeuge, dass sich Spieler nach ihrem Geschäft nicht die Hände waschen – bah. Hier ein paar schachliche Benimmregeln: Wir waschen uns die Hände, niesen in die Armbeuge und analysieren mit unseren Gegnern Gewinn- und Verlustpartien.
Lina, die viel erträgt und immer gut drauf ist, schilderte ihre leidvolle Erfahrung mit einem Kind, das die Züge aufs Brett knallte und dabei mit jedem Zug immer wieder deutlich die Feldmitte verfehlte: J’adoube, j’adoube, j’adoube, j’adoube … Das Kind gewann.
Lina erspielte drei Siege. Ihr größter Erfolg gelang ihr in der vierten Runde: Als sie einen Mann mit einer DWZ von 1409 Punkten zur Aufgabe bewegte. Ihr Turnierverlauf sieht so aus:
Andreas nahm in der B-Gruppe Anlauf in Richtung Preisgelder. Doch kurz vor Schluss verschmähte er das Spiel: Er hatte keine Chance mehr auf die vorderen Plätze. In einer Partie ereilte ihn Pech. Er hatte sich eine klare Überlegenheit erkämpft, stellte daraufhin seinen Vorteil ein und gab auf – dabei befand sich die Stellung noch in der Remisbreite, was ihm aber angesichts des Zug-Schocks nicht bewusst war.
„Pech im Spiel, Glück in der Liebe“, sagte er beim Mittagessen und verwies auf seine Lebensgefährtin. Ihretwegen blieb er am letzten Tag dem Turnier fern. Deswegen gibt’s leider kein Foto von ihm. Hier sind seine Siege und seine Niederlagen in der Übersicht:
Ich trat in der A-Gruppe auf der Stelle: Ein Sieg, drei Remisen, vier DWZ-Pünktchen verloren. Ich muss meinen Kameraden der ersten Mannschaft als Spielstärkeschwächster also weiterhin die Schuhe putzen. Dabei freute mich zu Beginn noch, dass die Turnierverantwortlichen die Dreipunkteregel ankündigten. Denn sie wäre mir im Normalfall entgegengekommen – meine Remisquote ist in der Regel gering. Ausgerechnet dann jedoch streute ich die höchste Zahl von Unentschieden meiner Schachkarriere ein.
Auf einen halben Punkt bin ich dennoch stolz: Gegen Marcus Schmücker (2200) hielt ich den Laden auf Teufel komm raus zusammen. Dabei wagte ich in der Eröffnung eine mir unbekannte Zugfolge, um seinem Londoner System aus dem Weg zu gehen. Immerhin hat er ein Buch über die Eröffnung geschrieben. Nach drei Zügen stand das Londoner System auf dem Brett – ich bin so ein Depp.
Im Gegensatz dazu produzierte ich zwei krasse Misserfolge. Gegen Herbert Klassmann zerstörte ich unter Opfer die Königsstellung, stand auf Gewinn, bekam es nicht gebacken, überriss und verlor. Noch schlimmer das Unentschieden gegen Klaus Busche: Der Computer bescheinigte mir zeitweise einen Vorteil von 55 Punkten. Das Turmendspiel misshandelte ich aber so eklatant, dass ich schließlich fluchend ins Remis einwilligte.
Das Turnier hätte trotzdem gut für mich enden können, wenn ich in der letzten Runde gegen einen unterbewerteten 1776 gewonnen hätte: Doch ich verlor. Das Ganze war recht schwierig. Denn ausgangs der Eröffnung hatte ich zwar die Qualität weniger, besaß aber dennoch leichten Vorteil. Hier zu sehen:
In obiger Stellung forcierte ich die Ereignisse mit dem Schlagen des Läufers auf e6, nur um die gegnerische Rochade mit einem anschließenden Läuferschach auf g6 zu vereiteln. Das war nicht der beste Zug, denn wegen des Materialnachteils verengte die Entscheidung den Pfad der guten Züge im weiteren Verlauf deutlich. Und überhaupt: Gut stehende Figuren tauscht man nicht gegen schlecht stehende. Ich weiß das genau so gut, wie ich dem Londoner System aus dem Weg gehen kann.
Hier mein Turnierverlauf:
Das Turnier gewann Großmeister Felix Levin (2431) vom Düsseldorfer SK – zum wiederholten Mal. Zweiter wurde FM Hussain Besou (2280) vom LSV Turm Lippstadt vor Pascal Brunke (2210) von der SG Bünde. Brunke kam dabei erstmals in den Genuss eines außerordentlichen Jugendpreises in Höhe von 700 Euro. Der Setzlistenerste IM Ruben Gideon Köllner (2490) wurde Vierter.
Und zum Schluss noch die Auflösung der einerseitigen Freude und anderseitigen Empörung: Txg4! Es würde wohl folgen: fxg4 Tf2+ Kxh3 Sf4+ (Gabel) Kg3 Sxd3 Td1 und Sxb2. +8,78 für Schwarz sagt der Computer.
Herne (ehu). Wenn ich meine Partie verliere, ist das für die Mannschaft oft ein gutes Zeichen: Dann gewinnt sie den Kampf. Doch ich spielte sehr gut gegen den SK Sodingen-Castrop. So gab es an unseren restlichen Brettern nichts mehr zu holen. Ich gewann als Einziger.
Wie lautet mein Zug des Tages mit Weiß in dieser Stellung?:
Wer jetzt auf den „No-brainer“ Lxg6 gesetzt hat, liegt falsch: Der führt nur zum Dauerschach. Ich verbrauchte meinen gesamten 20-minütigen Zeitvorsprung, um das zu erkennen und zog stattdessen Te1 – das Beste. Danach kann Schwarz einpacken. Nach Dxc4, Te3, Db5 und Lxg6 gab mein Gegner auf. Der Computer sagt, es wird matt in sieben Zügen. Seitdem bin ich stolz wie Oskar und erzähle jeder Person auf der Straße von dem Ereignis.
Eigentlich hätten alle meine Mannschaftskameraden anschließend ehrfürchtig nach Hause gehen können. Doch sie harrten an ihren Brettern aus und quetschten immerhin noch fünf halbe Punkte aus ihren müden Partien. An der Niederlage des SK Werther änderte das nichts. Das Liga-Orakel berechnete in seiner Prognose, dass wir 3,3 Punkte gegen die Gastgeber holen und lag ziemlich richtig. Die Einzelergebnisse:
Als Ersatzmann für Markus engagierten wir Felix. Er verlor als Erster. Sein Springer ging flöten, so dass unser Mann früh aufgab. Zumindest erzählte mir das Marko.
Anschließend ergatterte Marko den ersten halben Punkt am dritten Brett: Er rührte Beton an und vereinbarte schon im 16. Zug Remis.
Hier ist Markos Schlussstellung mit seinem letzten Zug a4 und der Computerbewertung von 0,0:
Es folgte ein Remis von Mario am siebten Brett. Keine Ahnung, wie die Partie verlief. Er ist meiner Bitte, mir die Notation zu schicken, nicht nachgekommen.
Dann strich Jan am ersten Brett die Segel. Auch über seinen Partieverlauf weiß ich nichts, denn er schickte mir ebenfalls keine Notation.
Danach verließ ich die Spielstätte, so dass ich von den abschließenden Partien nichts mehr mitbekam. Es kämpften noch
und
Zu dem Zeitpunkt bestand zumindest noch die Hoffnung, ein 4:4 zu erreichen. Von den Dreien kam leider nur Kalle meiner Bitte nach und schickte mir seine Notation. Er hatte Schwarz und gewann im 20. Zug einen Bauern, den er mit seinem 28. Zug wieder einstellte. Insofern war sein Remis eines der ärgerlichen Sorte. Denn in folgender Stellung hätte er mit Schwarz den Zug b5! finden müssen, um seinen Mehrbauern und gute Gewinnchancen zu behalten:
Stattdessen zog er Sg6 und die Partie schaukelte zurück in die Remisbreite. Dennoch kämpfte er bis zum 66. Zug – löblich. So sieht seine Schlussstellung aus schwarzer Sicht mit Weiß am Zug aus:
Danke an Marko und Kalle fürs Schicken ihrer Notationen, danke an den Rest der Mannschaft (außer Felix) für nichts. Wir sind in der Tabelle zwei Plätze abgerutscht:
Hamm (ehu). Wir haben Hamm geschlagen. In der Deutlichkeit war das überraschend, zumal Kalle krankheitsbedingt fehlte und wir für unser viertes Brett Ersatz auftreiben mussten. Doch von Beginn an sah es gut aus – mit einer Ausnahme: meiner Partie.
Hier die Einzelergebnisse im Überblick:
Da ich nicht mehr genau weiß, in welcher Reihenfolge die Ergebnisse eintrudelten, gehe ich nach Brettfolge vor und fange oben an. Und weil ich alle Partien dieses Mal im Schlussdiagramm zeige, was wegen der Zugeingabe viel Zeit kostet, spare ich mir längere Erläuterungen:
Brett 1: Jan (r.) analysiert seine Gewinnpartie am Spitzenbrett:
Das ist seine Schlussstellung, in der sein Gegner als Schwarzer am Zug im Endspiel mit einem Minusbauern keine Lust mehr zum Weiterspielen verspürte und aufgab:
Brett 2: Jonas bezwang FM Dargel.
Das ist seine Schlussstellung aus schwarzer Sicht, in der der Damentausch unvermeidlich ist und der Gewinn nur noch eine Frage einfacher Technik ist:
Brett 3: Marko am dritten Brett stand fast 30 Züge lang auf Gewinn. Sein Gegner hatte im 16. Zug einen Springer geopfert und dafür nur einen Bauern als Kompensation erhalten. Markos Türme blockierten standhaft den Angriff seines Gegners, so dass der im 45 Zug aufgab.
Markos Schlussstellung mit Schwarz am Zug:
Brett 4: Markus am vierten Brett stand aus der Eröffnung heraus zunächst schlechter.
Doch er kämpfte sich zurück in die Partie und beendete sein Gewinnstreben im 27. Zug mit einem Springervorstoß nach d4, der sowohl eine Gabel auf e2 als auch das Schlagen eines Bauern droht. Beides kann Weiß nicht mehr parieren, deswegen gab der Mann vom SK Hamm auf:
Brett 5: Ich spielte am fünften Brett – und zwar schlecht. Wenig Freude hatte ich an der Partie und gab im 51. Zug auf – einen Zug vor dem Matt. Mein Formtief hält an. Mittlerweile bin ich wieder der DWZ- und Elo-Schwächste der ersten Mannschaft. Das liegt daran, dass unserem Team viel zu viele Spieler angehören, deren Vorname mit Ma beginnen: Marko, Markus, Mario, Malte – das nervt. Meine Schlussstellung:
Brett 6: Malte gelang ein Endspielsieg am sechsten Brett:
Das ist seine Schlussstellung, in der sein Gegner mit den weißen Steinen soeben Tb1 gezogen hat und dann sofort aufgab – denn nach Lg2 geht ein Turm flöten:
Brett 7: Marios Partie am siebten Brett endete mit einem klassischen Doppelangriff der Dame::
Brett 8: Joschua spielte am achten Brett Remis gegen eine Gegnerin, die nominell mehr als 350 DWZ-Punkte über ihm rangiert – eine starke Leistung. Hier das Schlussbild aus seiner Sicht:
In der Tabelle rückten wir nach dem Erfolg auf den dritten Tabellenplatz vor:
Marburg (ehu). Karl Ulrich Goecke, Ekkehard Hufendiek und Michael Henkemeier haben an der Erstausgabe der Marburger-Schachtage teilgenommen. Das siebenrundige Turnier fand in der letzten Oktoberwoche von Donnerstag bis Sonntag in der wunderschönen Universitätsstadt Marburg statt.
Die Spielbedingungen waren gut, die Resultate ebenfalls – zumindest für Kalle und Michael. Die A-Gruppe war an der Spitze mit neun Titelträgern und Titelträgerinnen – darunter die Großmeister Li Min Peng (Elo 2554) und Hagen Poetsch (Elo 2470) – ziemlich gut besetzt.
Der Schiedsrichter plusterte sich auf: Als ich ihn vor Turnierbeginn um Auskunft zur Regelung des Fotografierens bat, verweigerte er mir die Antwort mit dem wortreichen Hinweis, dass er sich dazu noch nicht äußern wolle, weil er bei mehreren ähnlichen Einzel-Anfragen zu viele Worte darüber verlieren müsse. Er sage dazu erst bei der Begrüßung am Mikro etwas. Was er dann aber vergaß und erst im Nachsatz anfügte.
An alle Pappnasen mit Schiedsrichterschein: Die Antwort „Fotografieren nur in den ersten zehn Minuten ohne Blitz“ ist schnell gesprochen – versucht’s mal.
Kalle landete schließlich mit respektablen 5 Punkten auf dem 10. Platz und Michael wurde mit 3,5 Punkten 64.. Beide verzeichneten somit leichte DWZ- und Elogewinne.
Für mich hingegen entwickelte sich das Turnier zur Katastrophe: zwei Punkte aus sieben Partien, Eloperformance 1591, Platz 104. Ich muss den Spielern der ersten Mannschaft demnächst wieder die Schuhe putzen.
Kalle traf in der Schlussrunde am zweiten Brett auf Großmeister Hagen Poetsch . Sogar der Turniersieg war für ihn zu diesem Zeitpunkt noch möglich. Die Partie jedoch ging schief. Im Bild unten steht er – auf der Empore der Führenden – schon platt.
Das ist die Stellung als Diagramm:
Bauernminus, König in der Mitte, Weiß droht Dxf7. Ich weiß nicht, was unser Vorsitzender hier gezogen hat – vielleicht Lxh2+. Zwar fotografierte ich später unter seinem Widerwillen den Durchschlag, doch ließ sich die Notation gegen die Graustufe des Blattes nicht entziffern. Ist auch egal: Poetsch ließ ab dem obigen Stellungsbild nichts mehr anbrennen.
Er sicherte sich mit 6 Punkten verdient den Turniersieg und die 1000 Euro Preisgeld – Kalle ging leer aus.
Bei Michael habe ich des Öfteren mal aufs Brett geguckt und immer wieder seine Standhaftigkeit gegen bessere Spieler bewundert. In der ersten Runde verlor er sehr unglücklich, indem er seine Dame zu früh losließ. Statt auf dem Feld c5 „fiel sie ihm ein Feld zu früh aus der Hand“. Das Missgeschick ließ sich nicht korrigieren: Sein Gegner (DWZ 2124) reklamierte die Berührt-Geführt-Regel und Michael gab auf.
Ich produzierte eine Katastrophe nach der anderen. Selbst meine Gewinnpartie zum Auftakt des Turniers gegen Udo Schneider (DWZ 1634) ging völlig daneben. Nur Fortuna half: Statt mich forciert mattzusetzen, stellte mein Gegner einzügig die Dame ein.
In der zweiten Runde folgte dann ein nerviges Vereinsduell:
Ich hatte mich mit Schwarz auf eine Variante vorbereitet, die genau aufs Brett kam – Neo-Grünfeld. Nach zehn Zügen besaß ich eine halbe Stunde Zeitvorteil und Kalle bot in ausgeglichener Stellung Remis. Er wolle sich Marburg angucken, sagte er mir später und warf mir in den folgenden Tagen immer wieder Sturheit vor.
Denn ich lehnte ab und wich später einer angebotenen Zugwiederholung aus. Dabei übersah ich Kalles einzügigen Springerausfall und stand prompt klar auf Verlust. Ich spielte trotzdem weiter. Kalle seufzte. Bei der kleinsten Nachlässigkeit im Aufschreiben wies er mich sofort auf meine Notationspflicht hin. Er war genervt, ich spielte weiter.
In meinen folgenden Partien rutschte ich in der Tabelle immer tiefer bergab. Die größte Katastrophe passierte in der Schlussrunde: Ich verhunzte ein Leichtfigurenendspiel mit einem Mehrbauern. Jedes Mal, wenn ich zum Entspannen vom Stuhl aufstand, drängten mich Michael und Kalle, Remis zu machen. Ich verhöhnte sie à la Mirko Czentovic. Ein letztes Bauernopfer war zuviel. Als ich aufgab und damit die letzte Partie des Turniers beendete, klatschten die Umstehenden Beifall. Ich vermute aus Begeisterung. Kalle aber meinte, sie applaudierten, weil sie froh waren, endlich nach Hause zu können.
Später mobbten mich Michael und Kalle die ganze Heimfahrt über wie Schulkinder. Sie sagten, dass ich einfach nur dumm sei und wir drei Stunden früher hätten zuhause sein können. Hätte es draußen gehagelt, hätten sie mich sicher in der Dunkelheit auf einem Autobahnparkplatz ausgesetzt – aber es hagelte ja nicht.
Genugtuung dürfte ihnen aber ein paar Tage zuvor die Hinfahrt verschafft haben: Um mich umstandslos am Straßenrand aufgabeln zu können, nötigte Michael mir eine 1,6 Kilometer-Strampelei mit dem Fahrrad ab. Warum sollte er mich auch direkt von zuhause abholen und dann 251 statt nur 250 Kilometer fahren müssen? So wartete ich am vereinbarten Treffpunkt zehn Minuten im Nieselregen. Feucht und kalt wie eine Hundeschnauze drückte ich mich in den Fond seines Hondas.
Im Kontrast dazu lenkte Michael seinen Wagen anschließend vom Fahrtziel weg, fuhr direkt bis vor Kalles Haustür, stieg in aller Ruhe aus, klingelte und fragte unseren Präsidenten in seinem mollig-warmen Hausflur höflich, ob er schon mitfahrbereit sei. Ich spreche seitdem kein Wort mehr mit beiden.
Werther (ehu). Wir sind tief geplumst: vom ersten auf den sechsten Tabellenplatz. Und das ziemlich unsanft. Denn gut aufgelegte Kamener spielten am zweiten und an den unteren drei Brettern besser. Die Gäste traten zudem mit drei Fidemeistern an:
Eine gute Nachricht gab’s dennoch: Unser Spitzenspieler Jan Haskenhoff hat nach einer kleinen Durststrecke wieder eine Partie gewonnen.
Im Foto unten nimmt er gerade die Aufgabe seines Gegners entgegen – Jan hat am Ende auf dem Brett einen Turm mehr und ein weißes Dauerschach ist nicht in Sicht:
Zuvor erschienen bis zum Beginn des Kampfes um 11 Uhr nur drei Gegner, weil Kamens Spieler am achten Brett einen Zugausfall der Deutschen Bahn beklagte. So zumindest erzählte es mir mein Kontrahent Felix Georg. Deswegen verwalteteten wir bis zum Erscheinen des restlichen Kamener Mannschaftsteils an allen Brettern einen komfortablen Zeitvorteil.
Mir brachte der Zeitvorteil nichts. In einem Vorstoßfranzosen opferte ich als Weißer zuerst blind einen Läufer auf h6 und stand komplett pleite, als der Kamener Felix Georg mit einem hübschen Springerzug nach h4 den Sack zumachte. Durch die Gabeldrohung auf f3 verlor ich zwangsläufig eine zweite Figur und hätte sofort aufgeben können, wozu ich mich aber erst nach ein paar sinnlosen Extra-Zügen durchrang:
Markus und Kalle vereinbarten gegen favorisierte Gegner früh Remis. Markus nach seinem 9. Zug und Kalle nach dem 15. Zug. Kalle fuhr sofort nach Hause. Währenddessen ging Markos Plan gegen Fidmeister Weidemann auf: Nach einer Abtauschorgie im Skandinavier erzielte unser Mann als Schwarzer sicheren Ausgleich. Das Remisangebot im 20. Zug nahm Marko an.
Hier ist seine Schlussstellung, die der Computer staubtrocken mit 0,1 Bauerneinheiten bewertet:
Eine persönliche Bemerkung sei gestattet: Wenn wir immer alle so zahm spielen, könnten wir vielleicht einen Friedenspreis gewinnen, aber keinen Mannschaftskampf. (Gut, wenn wir alle immer zu spät zum Mannschaftskampf erscheinen, gewinnen wir noch nicht einmal einen Friedenspreis – aber darum geht’s ja nicht)
So lagen wir nach vier Partien 1,5:2,5 hinten. Es folgten drei Niederlagen unsererseits hintereinander. Zuerst gab Mario den Kampf auf, nachdem er zuvor einen Bauern gewonnen hatte und trotz einer gewinnbringenden Initiative einen Springer einstellte – sehr unglücklich:
Malte fügte unserem Konto eine weitere Null hinzu. So sieht er aus, wenn er noch zuversichtlich ist:
Mit den schwarzen Steinen kam er nach einigen schwachen Rückzügen in Bedrängnis. So hüpfte der gegnerische Springer in seine Stellung und Malte geriet in Not. Im Schlussbild kann er die Umwandlung eines weißen Bauerns nicht mehr verhindern:
Und schließlich zeigt ein Filmchen, den letzten Trickversuch von Jonas (rechts) am zweiten Brett. Doch Chris Huckebrink bleibt cool und antwortet mit einem unaufgeregten Schach, wonach unser Mann die Waffen streckt:
Herford (ehu). Wir haben zum Auftakt der Saison die Tabellenführung übernommen. Das ist ein Diagramm wert:
Fragen wir das Liga-Orakel, trügt das Bild aber:
Denn demnach haben wir in den kommenden Kämpfen leider nur zu 1,9 Prozent etwas mit dem Aufstieg zu tun – und das selbst nach dem Kantersieg gegen die Herforder, die im Übrigen statistisch nur zu 0,1 Prozent auf den Klassenerhalt hoffen können.
Unsere Hoffnung war unser „Neuzugang“ und Eigengewächs Malte. Er spielte am siebten Brett seinen Gegner an die Wand.
Schon im 16. Zug zerstörte er mit einem Springeropfer auf f7 das Fundament des gegnerischen Königshauses:
Nach der Folge Kxf7 17.dxe6+ Ke7 18. Da3+ stellte der Herforder seinen Widerstand zurecht ein. In der Schlussstellung beziffert der Computer Maltes Vorteil auf 36 Bauerneinheiten – das reicht zum Sieg.
Jonas mit den schwarzen Steinen am zweiten Brett brauchte nur vier Züge mehr als Malte, um den vollen Punkt einzustreichen. Seine Schlussstellung, in der er soeben seiner Mehrfigur noch einen Bauern auf c5 zugefügt hat, sieht so aus:
Ich holte den dritten Punkt und bezwang den nominell schwächsten Herforder Spieler. Dabei ermöglichte mir der Weiße eine Schluss-Kombination, die vermutlich viele Anfänger leicht lösen können. Daher werde ich das forcierte Matt in zwei Zügen dem Leser überlassen:
Marko am dritten Brett war wie immer gut vorbereitet:
Schon ausgangs der Eröffnung erspielte er sich gegen Ivan Stoimenov ein spürbares Übergewicht, dass er bis zur Zeitkontrolle ausbaute. Im 41. Zug zwang er seinen Gegner mit einem Randbauernvorstoß zur Aufgabe. Hier ist sein Schlussbild, in der Marko, um zu gewinnen, nur den weißen c-Bauern nicht anfassen durfte – das hat er geschafft:
Unser Spitzenspieler Jan Haskenhoff kassierte als Einziger im Team eine Null. Im Bild unten, ist der Käse längst gegessen.
Zuvor hatte Jan nach dem zwölften Zug seines Gegners ein Remisangebot abgelehnt. Wenig später steckte er die Qualität ins Geschäft. Danach ging es stetig bergab. In der folgenden Stellung setzte Herfords Michael Loemker unseren Mann in drei Zügen Matt. Einen Zug vor dem Matt gab Jan auf.
Mario am achten Brett kam nicht über ein Remis hinaus. Immerhin sicherte sein halber Punkt den Mannschaftserfolg ab.
So sah seine Stellung zum Schluss aus seiner Sicht aus: perspektivlos.
Kalle führte währenddessen ein klar vorteilhaftes Endspiel mit zwei Türmen gegen Turm und Springer sicher zum Sieg:
Hier ist sein letzter Zug der Partie:
Markus Henkemeier, der im Foto oben neben Kalle sitzt, spielte als Letzter – und zwar lange, sehr lange um genau zu sein. Im Endspiel lehnte er ein Remis ab. Eine vorbildliche kämpferische Haltung. Das tat er aber, als die Luft aus seiner Stellung längst heraus war. Kalle wollte nach Hause fahren, so habe ich das Ende nicht mehr mitbekommen. Es ging jedenfalls Remis aus. Aber erst nachdem Markus‘ Gegner fälschlicherweise dreimalige Stellungswiederholung reklamierte, wie Jonas den Nachhausefahrern per Signal-App mitteilte. Ein Schiedsrichter war nicht anwesend und keiner schien zu wissen, wie man eine Zweiminutenstrafe bei einer Digitaluhr eingibt. Also schien auch Markus keine Lust mehr zum Weiterspielen zu verspüren.
Mykola Korchynskyi (Mitte, Elo 2153) hat die dritte Ausgabe des Schnellschachturniers um den Paul-Sahrhage-Pokal gewonnen. Der zwölfjährige Ukrainer erkämpfte acht Punkte in neun Runden und blieb als Einziger im Turnier ohne Niederlage.
Korchynskyi bezwang unter anderem den hohen Favoriten und späteren Zweitplatzierten Bogdan Bilovil (Elo 2404) von den Schachfreunden Bad Emstal/Wolfhagen, und remisierte gegen die Internationale Meisterin und spätere Drittplatzierte Anna Zozulia (2229) vom Bochumer SV. Den Lokalmatador Jonas Freiberger (2204) vom SK Werther setzte Korchynskyi sogar matt und verwies ihn damit am Ende auf den fünften Platz.
In folgender Stellung hatte Korchynskyi soeben wie aus der Pistole geschossen den Zug Turm h1 aufs Brett geknallt – matt. Wäre Jonas am Zug gewesen, hätte er Korchynskyi in zwei Zügen mattgesetzt:
Mit nur 42 Teilnehmern war das Turnier zahlenmäßig schwach besetzt. Verkraftet hätte der Saal im Gemeindehaus mehr als die doppelte Anzahl Schachspieler. Doch es fehlten vor allem Spieler mittlerer Spielstärke zwischen DWZ 1500 und 2000. Wo sind sie gewesen?
Immerhin aber bot die Veranstaltung an den oberen Brettern hochwertiges Schach: Im Bild unten erkennt Anna Zozulia nach einigen weiteren Zügen den Sieg Bilovils an.
Spannend war die siebte Runde am ersten Brett: Unter den Augen zahlreicher Kiebitze spielte Sviatoslav Sunko mit Weiß gegen den späteren Turniersieger Mykola Korchynskyi. Beide waren nach einer Vielzahl von Zügen auf das Inkrement angewiesen. Korchynskyi kämpfte dabei in einem nackten Damenendspiel mit Mehrbauern um die Führung im Turnier und eine mögliche Vorentscheidung. Nur mühsam entkam er den Schachgeboten der gegnerischen Dame. Als der Vorteil endlich siegbringend angewachsen war, und sein Mehrbauer schließlich die vorletzte Reihe erreicht hatte, stellte er den Bauern einzügig ein – remis:
In der unteren Tabellenhälfte tummelten sich zahlreiche vielversprechende Talente des SK Werther:
Kiel (ehu). Vor wenigen Wochen nahm ich am 35. Kieler-Open teil. 330 Kilometer mit dem Fahrrad ohne Akku strampelte ich ab, bis ich nach drei Tagen die Landeshauptstadt Schleswig Holsteins erreichte, wo man überall „Moin“ sagt und dann die Klappe hält. Für das Absolvieren der Strecke klopfte ich mir dauernd selbst auf die Schulter. Für das mäßige Abschneiden beim Schachspielen machte ich meinen schmerzenden Hintern verantwortlich.
Mit fünfeinhalb Zählern landete ich leicht enttäuscht auf dem 28. Platz – drei Ränge unter meinem Setzlistenplatz. Leichte Verluste in Elo und DWZ musste ich verkraften. Immerhin aber bleibe ich ein Ü-1900er! Die Vereinskameraden werden mich weiter siezen müssen, wenn sie um meine Expertise bitten.
Zumal ich eine echte Perle meiner schachlichen Laufbahn produzierte. Und deren Glanz möchte ich hier im Einzelnen beschreiben:
In der dritten Runde saß mir in Christoph Schinkowski als Setzlistenachter (Elo 2145) ein dicker Brocken vor der Nase. Doch was habe ich ihn schwindelig gespielt! Während der gesamten Partie küsste mich die Muse und ein Geistesblitz nachdem dem anderen schoss mir durchs Hirn.
Hier zunächst die Analysekurve und Fehlerrate der Partie:
Der grobe Patzer passiert im 26. Zug, der jedoch nicht den Gewinn vergibt.
Hier geht’s los:
In obiger Stellung malte ich mir aus, dass mein Springer mit einem Riesensatz nach h6 zöge: matt in zwei!!
So war der Plan gefasst und die Züge folgerichtig – auch wenn sie nicht immer den Computervorschlägen entsprachen: 16. h4 Sa5 17. Df4 Sxb3 18. h5! – scheiß auf die Qualle Sxa1 19. Sh2! h6 20. Sg4! Kh7? Bis hier hatte ich gerechnet und jetzt auf weitere Eingebung gehofft:
17 Bauerneinheiten Vorteil bescheinigt mir der Computer, den ich allerdings mit meinem 21. Zug auf 8,5 Einheiten zum Schrumpfen bringe. Ich fand den nächsten Zug trotzdem so gut, dass ich annahm, die Muse würde mich immer noch küssen. Deswegen verpasse ich dem Zug – entgegen der Maschinenmeinung – ein Ausrufezeichen: 21: Ld8! – Schwarz hängt in den Seilen – Dxd8 22. Dxf7+ Kh8 23. Sf6 Lg7 24. Sxe8?! Dd7 25. Dxg6 Sb3? In folgender Stellung scheiden sich die Wege – ich wähle den beschwerlichen:
Gut für mich, dass die schwarze Dame dem schwarzen Läufer lange auf den Füßen steht – Schwarz kann sich kaum befreien: 26. Sd6?? (besser Sf6!! – der Computer hätte geweint vor Glück) Kg8 27. Lh3 Sd2 28. Kg2 Kf8 29. Te2 De7 30. Sxc8 Txc8 31. Txd2 Te8 32. Te2 Df7 33. d4 – materiell im Vorteil und mit der anvisierten Schwäche auf e6, lasse ich den Damentausch natürlich zu – der Patzer schlägt, der Meister lässt schlagen:
Dxg6 34. hxg6 c4 35. f4 Ke7 35. g4 b4 37. f5 a5 Schwarz opfert den Läufer 38. f6+ Lxf6 39. exf6+ Kxf6 40. g5+ hxg5 41. g7 Kxg7 42. Txe6 Txe6? 43. Lxe6 – ein bisschen Schiss vor einem unaufhaltsamen schwarzen Bauern hatte ich noch, aber das würde ich an dieser Stelle natürlich niemals zugeben.
Stattdessen war mir klar: Seiner Überlegenheit fast unmerklich Ausdruck verleihen, kann man wohl am besten, wenn man so zieht wie Kalle: Jeden simplen Zug mit einer leichten Drehbewegung ins Brett schrauben, als würde man einen Dübel im Holz versenken – super nervig.
Es folgte noch a4 44. Lxd5 a3 45. bxa3 bxc3 46. Le4 Kf6 47. a4 Ke7 48. a5 Kd6 49. a6 c2 Lxc2 Kc7 und zum Abschluss schraubte ich 51. d5 ins Brett – Schwarz gab genervt auf. Das ist die Schlussstellung mit dem wandernden Quadrat als Motiv:
In der anschließenden Analyse schraubte ich gerade meinen zehnten Eröffnungszug aufs Brett, als mein Gegner sagte: „Wir brauchen uns das nicht noch mal angucken“, und die weitere Partiebesprechung über die Eröffnung hinaus einfach verweigerte.