NRW-Klasse, 2.Spieltag: SK Werther – Schach Nienberge 4:4

Werther (ehu). Auswärts vor zwei Jahren verloren wir kläglich gegen Schach Nienberge. Dieses Mal bescherte uns das Heimspiel im Herrenhaus ein Unentschieden – vom Glück begünstigt.

Das Liga-Orakel prophezeite eine 3,5 zu 4,5 -Niederlage Werthers. Wir nahmen folglich die Aussenseiterrolle ein. Doch die Einzelergebnisse gehorchen nicht der mathematischen Wahrscheinlichkeit, zumal Schach Nienberge stark ersatzgeschwächt antrat:

Zunächst entwickelte sich der Kampf wie orakelt: Unsere Gastmannschaft aus dem Nordwesten Münsters erspielte sich eine deutliche 4:2-Führung. In den zwei abschließenden Partien am ersten und achten Brett fehlte ihr nur noch ein halber Punkt, um uns den Tag zu verderben.

Unsere Männer an den ersten vier Brettern und der Schiedsrichter Pascal Brunke.

Gelegenheiten zum Sieg Nienberges gab es mehrere: Ihr Spitzenspieler, Berdia Mikeladze (DWZ 2264), hätte einfach nur Dauerschach geben oder das Remis-Angebot im 55.Zug annehmen müssen. Stattdessen wollte er mattsetzen und dübelte mit dem Fehler Sc4 ein sinnloses Loch in die Stellung – der Computer geht in die Knie:

Zwar harmoniert das Dame-Springer-Duo zum Mattsetzen ideal, doch der Nienberger übersah das anschließende Schach der schwarzen Dame auf f3 – ein krasses Versäumnis. Das Schach führt etwas später zum Damentausch und zu einem gewonnenen Endspiel für Jonas.

Jonas am ersten Brett kurz vor seinem Remisangebot.

Lehrreich ist dessen technische Verwertung. Völlig zu unrecht tadelte ich Jonas ob seiner ausufernden Grübelei in vermeintlich „simpel gewonnener Stellung“. „Meine Güte, wie kann man nur so umständlich agieren und so lange überlegen? Zieh doch den f-Bauern vor“, ereiferte ich mich nachher.  Darauf er zu mir: „Wenn du gewinnst, bist du ein Arsch“.

Das Endspiel hat es tatsächlich in sich und ich kann es immer noch nicht glauben: Will Schwarz sauber gewinnen, darf er zu keinem Zeitpunkt den f-Bauern anfassen. Ich Patzer hätte das sofort getan, Jonas tat es erst nach mehreren perfekten Zügen.

Im 71.-Zug jedoch widerstand auch er der Verlockung nicht und zog f4. Der Computer kollabiert. Die Bewertung sackt ab von -10,6 Bauerneinheiten Vorteil für Schwarz auf -0,4. Freibauer, bessere Leichtfigur und mächtiger Raumvorteil, dennoch ist diese Stellung ausgeglichen – unglaublich:

Im Anschluss verteidigt sich der Weißspieler sechs Züge lang perfekt, dann unterläuft ihm nochmals ein Fehler – der letzte: Mikeladze opfert den Springer, um sich dem Freibauern zu entledigen. Doch weiter als bis nach f3 wäre der nie gekommen – sagt der Computer:

Vier Züge später gibt Mikeladze auf. Die Endstellung sieht so aus:

Am achten Brett steuerte Mario einen weiteren wichtigen Sieg bei. Seinem Erfolg fällt eine besondere Bedeutung zu, weil er das 4:4-Unentschieden herstellte. Trotz einer Qualität im Nachteil überrollte er seinen Gegner mit einer Walze: Die weißen Bauern drücken die schwarzen Schwerfiguren gegen die Wand. Im Diagramm unten wirkt sein Springer zusätzlich wie ein Monster. Schick mündet die Stellung in eine Springergabel – der Computer zeigt ein Matt in zehn Zügen. Das oben erwähnte Dame-Springer-Duo harmoniert hier perfekt:

Mario am achten Brett
Mario Ortpaul – Simon Jäger 1:0.

Mir gelang wie immer Großes: Damentausch, Bauernvorstoß mit versteckter Mattdrohung und Turmverdoppelung mit Angriff über die halboffene h-Linie. Meine Endstellung mit den schwarzen Figuren taxiert der Rechner nach dem Bauernvorstoß d4 auf -5,9 Bauerneinheiten – auf eine gemeinsame Analyse hatte mein Gegner keine Lust:

Ich am fünften Brett. Die KI Dall-E hat mich gut getroffen, wenn auch mit unrealistisch verschränkten Armen.

Knastig endete die Partie von Florian am sechsten Brett. Für mich sah die Endspielstellung mit einem Bauern im Minus verloren aus. Florian aber gelang es, den schwarzen König am Rand einzusperren. So blieb er Herr über die weißen Felder, die die Läufer nicht beackern können. Hier ist seine Schlussstellung:

Florian Schwartz – Marius Ringwelski 0,5:0,5.

Wohl noch glücklicher erreichte Markus ein Unentschieden. Sein Gegner schaukelte mit dem Turm auf und ab. Dabei wäre ein Gewinnversuch des Nienbergers angesichts drei! verbundener Freibauern plausibel gewesen.

Markus Henkemeier – Franz Althoff 0,5:0,5.

Kalle und Jan hingegen gaben in ihren Partien klein bei. Kalle unterschätzte einen weit vorgepreschten Bauern auf b7: Sein Schlussbild mit den schwarzen Figuren ist trostlos:

Jan unterschätzte das Bouncing-Back-Potential der skandinavischen Eröffnung. Sein Schlussbild mit Weiß ist ebenso trostlos wie das von Kalle, der schwarze a-Bauer ist nicht zu stoppen:

In der anschließenden Analyse im Wintergarten des Herrenhauses, wo wir nur ausnahmsweise gespielt haben, marterten sie sich erneut.

Der Nienberger Murat Emiroglu (v.l., DWZ 2134), Markus Henkemeier und Karl Ulrich Goecke beim Analysieren.
Jan (l.) bei der Analyse mit seinem Gegner, der drittens Lf5-Zug zog und meine Frage: „Was ist das denn?“, mit der Antwort quittierte: „Das nennt man Skandinavisch!“.
Malte verliert am Ende mehr Bauern als ihm lieb ist – er gibt auf.

Der Punktgewinn sichert uns ein sonniges Plätzchen. Hier ist die Tabelle  nach der zweiten Runde:

Und hier der Link zur Schachbundseite der NRW-Klasse: https://ergebnisdienst.schachbund.de/bedh.php?liga=nrw-k1

 

 

 

 

 

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