Werther (ehu). Knapp sind wir dem Abstieg entgangen. Hätten wir in der letzten Runde der NRW-Klasse gegen den SV Meschede nur einen halben Brettpunkt weniger erkämpft, würden wir in der kommenden Spielzeit als Regionalligist antreten.
Zum Glück ist nicht nur die deutsche Sprache würde-los, – zumindest laut vieler Lehrer, die ihren Schülern die Umgangssprache im Konjunktiv austreiben wollen – wir sind es auch. Denn durch das Unentschieden beendeten wir die Saison auf Rang sechs:
Für meine Tochter Clara war die Dramatik des Schlusskampfes ein Rätsel. Als sie das erste Mal in ihrem Leben ihren Vater schachspielen sah, war sie regelrecht angeödet: „Da passiert ja gar nichts.“
Clara ging nach einer Minute wieder aus dem Spielsaal, setzte sich ins Auto und chattete mit ihrem Freund, den sie sonntags gewöhnlich beim Fußballspielen in der Kreisliga kritisch beäugt.
Flüchtet die Ödnis und würde lieber Fußball sehen. Zwischen den zwei Sportarten gibt es allerdings kaum Berührungspunkte. Nur einen hab ich bei Til gefunden:
Tatsächlich entzündeten wir gegen den Tabellenvorletzten nicht gerade ein Feuerwerk, aber immerhin erkämpften wir den nötigen Mannschaftspunkt zum Klassenerhalt. Hier sind die Einzelergebnisse:
Jonas am zweiten Brett erfüllte die an ihn gestellte hohe Erwartung.
Er setzte seinen Gegner matt:
Den zweiten Sieg für uns holte Kalle am vierten Brett. Gegen den eingeschränkt sehfähigen Gerhard Dyballa musste er mit einem Faltplan und Plastikfiguren Vorlieb nehmen.
Seiner Konzentration tat das keinen Abbruch. Er eroberte zunächst zwei Bauern, die schließlich im Endspiel den Ausschlag gaben. Als Kalle im 46. Zug seinen Turm zum Tausch anbot, sah die Stellung im Foto so aus:
Einen taktischen Aussetzer produzierte Jan am ersten Brett. Im Diagramm unten besitzt er zwar eine Qualität mehr, doch seine Stellung ist schlecht. Als der Gegner schließlich Jans Dame bedroht, greift unser Mann zu einer naiven Notlösung: Er bedroht seinerseits die Dame des Gegners, indem er seinen Turm direkt vor ihre Nase zieht:
Die weiße Dame hüpft jedoch einfach ein Feld zur Seite – Dc1. Selbst Jan lacht in der Analyse, ob seines Schnitzers. Denn jetzt geht entweder sein Turm oder seine Dame flöten.
Währenddessen kämpfte Malte am siebten Brett um den Sieg:
Die Stellung im Foto oben sieht so aus:
Marko am dritten Brett war wie immer eine sichere Bank – zumindest für den halben Punkt. In der Saison verlor er keinmal. Auch am letzten Spieltag ließ er daran keinen Zweifel aufkommen:
Markus holte ebenfalls einen halben Punkt:
Zuvor stolperte ich am sechsten Brett etwas glücklich zum Remis, zwischenzeitlich stand ich etwas schlechter.
Doch im Endspiel kämpfte ich mich zurück und mein Gegner mit Schwarz gab Dauerschach. Eigentlich ist mir das kein Diagramm wert, doch nach vier Niederlagen in Folge tut ein halber Punkt gut:
Die zweite Null des Tages produzierte Mario. Ich weiß allerdings nicht, wie sie zustande kam, da ich den Spielsaal an diesem Tag frühzeitig verließ, wegen des Besuchs meiner gelangweilten Töchter.
Unsere Saisonleistung im Einzelnen ist mäßig. Mit 5,5 ist Malte Punktbester, dicht gefolgt von Jonas mit 5 und Marko mit 4,5. Kalle holte 4 Punkte aus 8 Partien, Markus 4 Punkte aus 7 Partien und Mario 4 Punkte aus 9 Partien.
Die mannschaftsinterne rote Laterne schwenke ich zusammen mit Jan, denn wir sammelten jeweils nur 2,5 Punkte aus neun Partien ein. Wenn ich richtig vermute, wird Jonas deswegen in der nächsten Saison wieder am Spitzenbrett sitzen, weil Jan einige DWZ-Punkte verlieren wird. Dafür aber waren Jan, ich, Malte und Mario die zuverlässigsten Akteure im Team – wir haben nie gefehlt.
Kirchlengern (ehu). Meine Güte, was haben wir Prügel eingesteckt! Als Underdog zeigten die Spieler der SG Kirchlengern eine starke Vorstellung. Die Einzelergebnisse legen aus unserer Sicht ein trauriges Zeugnis ab:
Und warum habe ich das gegnerische Team nur so unterschätzt? Siegessicher lief ich ein und blickte die Treppe hinab auf die Spieler des Tabellenvierten. In ihrem tiefgelegenen Bibliotheksraum taten sie mir leid: Der Spielsaal war durch die Farbe des Parketts, der Holztische und der 70er-Jahre-Gardinen in ein erbärmliches Ohrenschmalzgelb gehüllt. In der Farbpsychologie soll Gelb den Geist beflügeln – bei mir nicht.
An allen Brettern waren sie uns nominell unterlegen, bis auf die Auseinandersetzung am ersten Brett: Dort traf die Streamerprominenz Maurice Gulatz, alias Paff Morris, auf unseren Spitzenmann Jan Haskenhoff.
Die Partie war kurz: Schon im 17. Zug beging unser Mann den vorentscheidenden Fehler e5:
Die Folgen der naheliegenden Antwort Lf5 müssten für einen Spieler von Jans Güte eigentlich in der Vorausberechnung leicht einzuschätzen gewesen sein. Doch Jan erwischte einen schlechten Tag: Seine Dame fand kein gutes Feld und er quittierte seine Niederlage schon im 24. Zug – bitter.
Kalle am vierten Brett habe ich lange nicht mehr so kläglich eingehen sehen.
Im 26. Zug gab er auf. Zuvor hatte er einen simplen Einschlag auf e6 übersehen – es war grausam:
Markus am fünften Brett hatte ebenfalls das Nachsehen.
Seine Partie entschied ein krasser Patzer in einem ausgeglichenen Endspiel: Er zog seinen Springer von e3 nach f1 – der Computer wird ohnmächtig. Denn dabei übersah er ein Springerschach, wodurch er die Kontrolle des Umwandlungsfeldes d1 und die Partie verlor:
Immerhin hielten Malte und Mario unsere Hoffnungen auf den Mannschaftssieg am Leben.
Maltes Schlusszug mit Weiß ist ein Diagramm wert:
Wenn Schwarz den Springer schlägt, wird er im nächsten Zug mattgesetzt.
Marios Sieg mit Schwarz kam vermutlich in Zeitnot des Gegners zustande.
Der Weiße knallte zwei Fehler hintereinanander aufs Brett, erst Kg2 und dann auch noch Dame h5. So gewann Mario mit leichter Hand die Qualität und strich 15 Züge später den Sieg ein:
Ich hingegen verlor recht deutlich und musste meinen Gegner loben. Er spielte wirklich stark und ließ mir kaum eine Chance. Wusste er denn nicht, dass ich OWL-Meister bin? Jedenfalls verstand ich schon die Eröffnung nicht und sagte ihm in der Analyse, dass ich von Katalanisch nichts verstehe. „Das war Tarrasch“, verbesserte mich Kalle und gab mir recht.
Marko am dritten Brett versuchte wirklich alles, um aus der trockenen Stellung etwas herauszuquetschen. Zweimal lehnte er ein Remisangebot ab. Am Ende war die Punkteteilung wohl unvermeidlich.
Am zweiten Brett spielte Jonas die längste Partie des Tages – und gab ebenfalls klein bei. Mit einem Lachen gestand er kurz nach der Ausführung seines Patzers die Niederlage ein. Er zog dabei so:
Das folgende Turmschach auf d6 gewinnt den Läufer und die Partie für den Mann aus Kirchlengern.
Das Ligaorakel hält unseren Klassenerhalt immer noch für wahrscheinlich. Dass wir aber vor dem letzten Spieltag um den Verbleib zittern müssen, hat wohl keiner von uns erwartet:
So fühlt es sich also an, wenn einem die Frauen zu Füßen liegen. Ich bin ein großartiger Mensch, wenn nicht sogar der beste. Fünf Punkte aus fünf Partien habe ich bei den OWL-Einzelmeisterschaften im Haus Werther geholt – Performance laut DWZ-Rechner 2542.
Und was war das Turnier gut besetzt! Sowohl in der Spitze als auch in der Breite waren die besten Spieler anwesend, die da waren. Ich besiegte die Nummer Eins der Setzliste, die Nummer Zwei , die Nummer Drei und die Nummer Vier. Kurzum: Ich schlug sie alle. Hier die Endtabelle (leider etwas unscharf):
Es folgt ein sehr ungewöhnliches Stellungsbild aus der Vorschlussrunde, in der ich eine turnierentscheidend gute Wahl traf. Im Duell mit dem bis dahin Führenden, Joachim Stork (DWZ 1948), rückte ich den h-Bauern ein Feld vor – bester Zug:
Joachim Stork schwante Böses. Nach seiner Antwort Lf6 bot er Remis an, ich lehnte ab. Obwohl ich zuvor die ganze Zeit mit einer Punkteteilung mehr als zufrieden gewesen wäre, denn mein Gegner ist der bessere Spieler. Aber in obiger Stellung ist sein König komplett in die Fremde ausgewandert. „Wie ist der schwarze König denn da hingekommen?“ fragte später der Drittplatzierte Andreas Lückner. Storks König hatte den h3-Bauern im Visier. Der Computer sieht Weiß mit fast vier Bauerneinheiten im Vorteil.
Die zweizügige Taktik zum Schluss mit Weiß am Zug ist eine kleine Fingerübung für Geübte, aber dennoch ganz hübsch:
Die Lösung: Tb8, Ke7 und Txd8 und Schwarz gab auf.
Ohne etwas Glück ging’s natürlich nicht – zumindest nicht in einem relativ homogen besetzten Turnier: Das folgende Diagramm zeigt das Schlussbild meiner Letztrundenpartie gegen Martin Fenner (DWZ 1867). Zu dem Zeitpunkt führte ich das Feld mit einem Punkt Vorsprung an. Im 15. Zug bot ich Remis, um den Turniersieg abzusichern – Fenner lehnte ab.
Es folgte Kampfschach pur. 80 Züge und fast sechs Stunden später – draußen war es längst stockfinster geworden -, führte ich meine Züge nur noch aus wie ein Roboter. Martin Fenner hatte mich total an die Wand genagelt.
Drei Sekunden vor Ablauf meiner Zeit zog ich meinen Turm auf die Grundreihe. Wenige Augenblicke später ruft der Schiedsrichter (Malte Brinkmann): „Zeit!“. Damit beendete er das 94-Züge-Drama zu meinen Gunsten. Auf Fenners Uhr blinkte das digitale Fähnchen – trotz 30-Sekunden-Inkrement und fünf Züge vor dem Matt. „Jetzt hab ich verloren“, stellte Martin Fenner entgeistert fest.
Irgendein Umstehender schlug sich die Hand vor die Stirn. Andreas Lückner, der Drittplatzierte gratulierte mir verwundert. Lukas Ott, der Zweitplatzierte war zuvor genervt aus dem Turniersaal marschiert und hatte lautstark beklagt, dass ich „immer noch“ weiterspiele. Nun kehrte er zurück und gab mir ungläubig die Hand zur Gratulation. Kalle sagte, er leide mit Martin Fenner, weil der mich richtig „trocken“ überspielt hatte. Michael meinte später, dass das „wie in Marburg“ gewesen sei.
Doch im Gegensatz zu Marburg habe ich dieses Mal gewonnen. Außerdem hätte ich das Turnier auch nach einer Niederlage als Erstplatzierter beendet.
Die zwei Teilnehmerinnen ergatterten ebenfalls Pokale und Titel: Lilian Schirmbeck (l.) ist OWL-Meisterin, Maryam Allahverdi Vizemeisterin.
Werther (ehu). „Langsam ist nicht langweilig“ titelt heute die Wochenzeitung „Die Zeit“ anlässlich des laufenden Kandidatenturniers in Toronto. Das sehen die besten heimischen Cracks in OWL vermutlich anders – zumindest im Fall der Einzelmeisterschaften im Haus Werther vom 5. bis 7. April. Denn warum sonst sind sie ferngeblieben, wenn nicht aus Langeweile?
Von der Teilnahme der zehn besten Spieler Ostwestfalens (nach DWZ) können die Verantwortlichen der Einzelmeisterschaft nur träumen:
Im Kontrast zur Top Ten in OWL ist das Starterfeld im Haus Werther eher drollig besetzt. Teilnehmende mit mehr als 2000 DWZ sind nicht dabei:
Der Setzlistenerste und Titelverteidiger des Vorjahres, Andreas Lückner vom Gütersloher SV, liegt mit 1965 DWZ-Punkten in der OWL-Rangliste auf Platz 150. Um den Berichterstatter und Freiplatzergatterer in der Liste auf Platz 254 zu finden, müssen sich Interessierte den Finger wundscrollen.
Erfreulich immerhin, dass Andreas Lückner laut eigener Aussage seine Frau übers Wochenende erfolgreich vetröstete. Seine Titelverteidigung hat Vorrang.
In der ersten Runde spielte er gegen Matts Struckmeier von der SG Bünde und schien zwischenzeiltich in den Seilen zu hängen – Ich jedenfalls hätte zum Zeitpunkt der Aufnahme lieber mit Schwarz gespielt. Aber was weiß schon jemand auf Platz 254. Der Favorit Andreas Lückner setzte sich durch.
Für die erste und einzige Überraschung der Auftaktrunde sorgte Jörg Fischer: Er bezwang den nominell stärkeren Spieler Martin Fenner im Endspiel – vermutlich dank seinem entfernten Freibauern auf der a-Linie ( Ich verließ den Spielsaal vor Partienende).
Der Blick in den Spielsaal im Haus Werther zeigt 12 der 15 Teilnehmenden. Am selben Ort fanden vor knapp zwei Wochen die C- und D-Gruppen des Schloß-Opens statt. Im Vordergrund spielt die nominell beste weibliche Teilnehmerin, WCM Lilian Schirmbeck vom SK Halle, gegen Jelte Kleine vom SK Blauer Springer Paderborn. Die Partie endet friedlich.
Das sind die Ergebnisse der ersten Runde im Einzelnen:
Paarungsliste der 1. Runde
Tisch
TNr
Teilnehmer
Tite
Punkte
–
TNr
Teilnehmer
Tite
Punkte
Ergebnis
At
1
1.
Lückner,Andreas
()
–
9.
Struckmeier,Matt
()
1 – 0
2
10.
Allahverdi,Marya
()
–
2.
Stephan,Gunther
()
0 – 1
3
3.
Stork,Joachim
()
–
11.
Heidemann,Kristj
()
1 – 0
4
12.
Fischer,Jörg
()
–
4.
Fenner,Martin
()
1 – 0
5
5.
Hufendiek,Ekkeha
()
–
13.
Ott,Lukas
()
1 – 0
6
14.
Schilling,Jan Am
()
–
6.
Fritz,Axel
()
0 – 1
7
8.
Schirmbeck,Lilia
WCM
()
–
15.
Kleine,Jelte
()
½ – ½
8
18.
spielfrei
()
–
16.
Darwish,Zeyad
()
– – +
Zuvor begrüßte Hermann Dieckmann, Vorsitzender im Schachverband OWL, die 15 Teilnehmenden, lobte den ausrichtenden Verein SK Werther und erläuterte das veränderte Format der Meisterschaft. Die OWL-Einzelmeisterschaft wird so erst zum zweiten Mal nach 2023 durchgeführt: Es gibt keinen Hotelaufenthalt, keine Menü-Verpflegung und keine Qualifikation zur NRW-Meisterschaft wie in vielen Jahren zuvor. Stattdessen geht es um die Ehre. Zwar büßt die EM sportlich ein, doch soll die Teilnehmerzahl steigen.
Unser Vorsitzender Karl Ulrich Goecke bedankte sich bei Hermann Dieckmann und stellte fest: „Der Boden knarzt“. Er plädierte für ein leises Auftreten und gegenseitige Rücksichtnahme.
Zum Schluss mein zweizügiges Matt mit Weiß am Zug aus der ersten Runde. Weil es so einfach ist, kann der Leser oder die Leserin sich versuchen:
Das Osterfest fällt für Bogdan Bilovil dieses Jahr aus. Der Sieger des 27. Schloß-Opens reist nach seinem Erfolg in Werther weiter in die Schweiz, um über die Feiertage beim Baseler Schachfestival mitzuspielen, einem Turnier mit fünf Großmeistern an der Spitze. Bilovil ist dort an sieben gesetzt und zählt zum Favoritenkreis. Die Reise- und Hotelkosten für Basel hat sich der Fidemeister vom Zweitbundesligisten Schachfreunde Bad Emstal/Wolfhagen nach eigener Aussage jetzt in Werther erspielt.
Als Bogdan Bilovil sechs Jahre alt war, brachte ihm sein Vater das Schachspielen bei. Zehn Jahre später schickten die Eltern ihren Jungen wegen des Ukraine-Krieges zusammen mit seiner Schwester nach Deutschland. Sie selbst sind in der Ukraine geblieben. Jetzt hilft ihm das Schachspiel, das Leben in Abwesenheit der Eltern zu meistern. Startgeld, Reisekosten, Aufenthalt am Turnierort: „Ich muss alles selbst bezahlen“, sagt Bilovil.
2023 feierte er schon bei seiner Premiere in Werther einen Triumph im Schloß. Nun hüpfte er erneut aufs Treppchen: Für seinen Turniersieg bekam er 725 Euro – genug für den fünftägigen Turnieraufenthalt im schweizerischen Vier-Sterne-Hotel. Beim Turnier in Basel verfolgt Bilovil ein hehres Ziel: Er möchte „Internationaler Meister“ (IM) werden. Der Titel wird vom Weltschachbund (Fide) vergeben und ist nach dem Großmeistertitel der zweithöchste im Schach. Als IM wäre Bilovil bei vielen Turnieren vom Startgeld befreit.
Aktuell hat Bilovil mehr als die dafür erforderlichen 2.400 Elo-Punkte. Zum Vergleich: Anfänger starten mit etwa 600 Punkten, der Weltranglistenerste Magnus Carlsen besitzt mehr als 2.800. Für eine erfolgreiche Titeljagd muss er zusätzlich insgesamt 27 Turnierpartien aufweisen, die seine Klasse bestätigen.
Weil das Schloß-Open auf sieben Runden begrenzt und damit kein Normenturnier war – dafür wären mindestens neun Runden nötig – war Werther für Bilovil nur eine Zwischenstation. Aber eine willkommene. Wie im vergangenen Jahr ging seine Turniertaktik voll auf: Mit den schwarzen Steinen streute er zwei Remisen ein, mit Weiß spielte er unnachgiebig auf Gewinn. Sechs Punkte aus sieben Partien lautete seine Bilanz am Ende.
In der fünften Runde bezwang er mit Weiß Mykola Korchynski. Dabei entpuppte er sich als Meister der Ablenkung:
In der Schlussrunde beendete Bogdan Bilovil eine wunderschöne Kombination mit einem ähnlich niedlichen Bauernvorstoß, der ihm den Turniersieg sicherte:
Der einzige Lokalmatador im A-Open, Jonas Freiberger vom SK Werther, enttäuschte dagegen. An zwölf gesetzt verlor Freiberger die Runden zwei, drei und vier hintereinander. Trotz Aufholjagd musste er schließlich mit dem 21. Platz Vorlieb nehmen.
In der B-Gruppe spielte Florian Schwartz vom Ausrichterverein SK Werther stark auf, er ergatterte den zweiten Platz.
In der C-Gruppe landeten Kacper Mindak, Kevin Deniz und Andreas Diembeck (alle SK Werther) ebenfalls in den Preisgeldrängen.
Das Schloss-Open nutzen jedes Jahr hoffnungsvolle Talente zur Weiterentwicklung. So war die U8-Weltmeisterin von 2022 mit von der Partie: Charvi Anilkumar. Sie ist außerdem „Commonwealth Chess Champion 2022″ und „ASIAN youth GOLD and Silver Medalist 2022“
Die mittlerweile Zehnjährige ist derzeit eine der größten Nachwuchshoffnungen Indiens. Sogar Indiens Premierminister Narendra Modi lernte sie vor einigen Monaten kennen. Ihre Mutter berichtete in einem Interview, dass Charvi jeden Tag fünf bis sechs Stunden konzentriert mit dem Spiel verbringt.
Das war vermutlich auch beim Schloß-Open in Werther so: Unter der Obhut ihrer Mutter studierte sie vor jeder neuen Runde intensiv das Eröffnungsrepertoire ihrer Gegner. Erst danach setzte sie sich ans Brett, nahm den Kopf zwischen die Hände und ließ die Füße baumeln.
In der vierten Runde verteidigte sie ein schwieriges Endspiel mit einem Turm gegen Springer und Turm ihres blinden Gegners René Adiyaman vom SV Welper. Der Blinde ließ sich die Züge ansagen vom Vorsitzenden des SK Werther, Karl Ulrich Goecke. Dabei produzierten das Mädchen und der Routinier die längste Partie des Turniers: 124 Züge. Fast fünf Stunden dauerte die Gedankenschlacht, bis der Schiedsrichter eingriff und das Unentschieden erzwang.
Die kleine Inderin landete schließlich mit 2,5 Punkten auf einem respektablen 33. Platz von 42 Teilnehmern. Auch die heimische Schachhoffnung und ein Jahr ältere Lilian Schirmbeck vom SK Halle steigerte ihre Turnierhärte. In der B-Gruppe schloss die Europameisterschaftszweite das Turnier auf dem 35. Rang von 43 Teilnehmern ab.
Zum Schluss noch ein kleiner Eröffnungs-Ausflug über den Hasenpatt und andere selten betretene Pfade. Ein Fest für den Fidemeister Olaf Steffens, der ein regelmäßiger Gast unseres Turniers ist. Sehenswert scheint er von Beginn an ganz auf die Bouncing-Back-Taktik zu setzen:
Wie ein Abwehrspezialist im Tischtennis schnippelt er die meisten Züge mit Unterschnitt auf die Platte. Einmal etwa spielte er mit Weiß eine Zugfolge, von der ich noch nie gehört habe: die Saragossa-Eröffnung – erstens c3 und zweitens Da4. „Unterstützt den Bauernvorstoß nach g4“, sagte er im Anschluss. Erneut hätte er sich den Kreativpreis verdient, – wenn es ihn gäbe.
In der Schlussrunde bezwang er sehenswert Pascal Werrn. Seine ersten Züge lauteten a3 und Sc3. Am Ende setzte er forciert in fünf Zügen matt. Der Startzug Sg6+ ist im Screenshot unten zu sehen, die Zugfolge darunter:
Und hier noch ein paar weitere Fotos vom Turnier in loser Folge:
Werther (ehu). Wir haben mächtig auf die Mütze gekriegt. Nicht eine einzige Gewinnpartie produzierten wir gegen den Tabellenführer SV Hemer.
Die Spitzenbretter besetzte Hemer mit zwei Titelträgern: Großmeister Alexander Bagrationi (DWZ 2439) und Großmeisterin (weiblich) Carmen Voicu-Jagodzinsky (DWZ 2202) – fürs Niveau der NRW-Klasse eine sehr starke Aufstellung. Wir mussten zudem ohne Marko und Jonas spielen. An allen Brettern – bis auf das achte – waren die Gäste somit nominell überlegen. Locker zeigten sie uns eine lange Nase:
Aus unserer Sicht verliefen zumindest die zwei Spitzenpaarungen sehr spannend: Denn Jan und Kalle schrappten nur haarscharf an zwei dicken Überraschungen vorbei.
Am ersten Brett bejubelt der Computer Jans chaotische Stellung mit einem Plus von 7,6 Bauerneinheiten. Hier ist sie:
In diesem Kuddelmuddel hätte Jan den Mut zum Damenopfer aufbringen müssen und eiskalt mit seinem schwarzen Turm den Läufer auf c5 schlagen sollen – doch wer hätte in Zeitnot so gezogen?
Jan glaubte nach eigener Aussage schlechter zu stehen und verwies in der späteren Analyse mit einem verschmitzten Lächeln auf seine „Ausrede“ Ld4+. Der Computer flippt aus. Jetzt steht Bagrationi wieder auf Gewinn. Auf dem Brett bleibt es aber weiter so kompliziert, dass Jan kurz vor Schluss eine zweite Gelegenheit zum Sieg erhält, denn Df3 ist ein Fehler:
Diesmal springt der Gewinnzug ins Auge: Tg6+. Ausgerechnet jetzt aber hat Jan ein Brett vorm Kopf. Mit seinem Damenvorstoß nach c5 will er einen Tausch erzwingen. Erst nach der Antwort Kh1 sieht er, dass das geplante Dc6 am Gegenschach Tg1+ scheitert. Denn nach Tg6 könnte Weiß ungestraft die Dame vom Brett pflücken. Schließlich wird’s remis. Auf dem Papier ein Erfolg, doch nach all den Chancen unbefriedigend für Jan.
Am zweiten Brett spielt Kalle stark in der Eröffnung. Im 16. Zug opfert er als Weißer mit dem Zug Sxd3 die Qualität und pocht auf seine marschierende Bauernmehrheit im Zentrum -zurecht:
Kalle verpasst aber im 21. Zug einen vielversprechenden Bauernvorstoß nach c6 und die mit Schwarz Spielende gibt später klugerweise die Qualität zurück. Das Endspiel ist ausgeglichen. Carmen Voicu-Jagodzinsky, Landestrainerin und Frauenbeauftragte des Schachbundes NRW, überspielt schließlich unseren Mann mit wenigen Figuren – für Kalles trockenen Positionsstil sehr ungewöhnlich. Zugzwang für Kalle mit Weiß in der Schlussstellung:
Eine kuriose Kurzpartie produzierte Mario – allerdings zu seinen Ungunsten. Im 13. Zug gab er wegen Matts oder Damenverlust auf. Leider fehlt mir die Notation, sonst würde ich an dieser Stelle gerne die Schlussstellung einklinken. Nach den ersten zwei Zügen lächelt Mario noch:
Alle weiteren Verlustpartien vernachlässige ich aus gutem Grund: Meinen größten Vorteil zum Beispiel verwaltete ich in der Ausgangsstellung. Die Remispartien von Markus und Michael waren entweder ereignisarm (Markus) oder kamen eher glücklich zustande (Michael).
Auf unsere Saisonerwartung wirkte sich die Niederlage kaum aus. Hemer steigt auf und wir halten höchstwahrscheinlich die Klasse – alles wie gehabt.
Lippstadt (ehu). Die italienische Eröffnung langweilte. Während meiner Partie blickte ich aus dem Fenster und beneidete eine Kanufahrerin, die auf der Lippe gegen die Strömung paddelte und rote und grüne Tore umkurvte.
Vom ungewöhnlichen Panorama abgelenkt verlor ich auf dem Schachbrett die Kontrolle über das Zentrum. Zuvor war ich in aller Herrgottsfrühe aus Kiel angereist und starb am Brett einen müden Tod.
Meine Null blieb zum Glück die einzige des Tages – zumindest die einzig klägliche. Jan verlor zwar auch, doch sehr heroisch:
Seine Endspielstellung gegen Lippstadts 12-jährigen Spitzenspieler und eines der derzeit größten deutschen Schachtalente, Hussain Besou (DWZ 2283), ist im Diagramm remis. Der Computer zeigt 0,0 an.
Besou aber zieht den Bauern nach c4 und seine Stellung ist plötzlich verloren. Im Folgenden schlagen die Spieler Flickflack: Erst vergibt Jan den Gewinn, dann ist es remis, dann vergibt Besou den Gewinn, dann Jan, dann ist’s wieder remis und schließlich gewinnt Besou. Sie hätten würfeln können. Die letzte Siegchance gegen den Fidemeister aus Lippstadt verpasste Jan im 47.Zug:
Aber wer hätte hier mit Weiß das kryptische Manöver Tb3, Kb7 und Tb4 gefunden? Jan zog Ta8 und die Stellung ist wieder remis. Einen Zug später wandelt er fehlerhaft seinen Bauern um und sein Turm kann die schwarzen Bauern alleine nicht mehr stoppen – sehr unglücklich gelaufen.
Trotzdem haben wir den Kampf gegen den Tabellenzweiten gewonnen – und zwar verdient:
Vor allem dank der Siege von Kalle am zweiten, Markus am vierten und Mario am siebten Brett.
Leider kann ich an dieser Stelle kein Foto von Kalle einklinken, denn ich habe keines – außerdem dachte ich, er verliert so blind wie beim letzten Mal. Verlegen zeige ich deswegen nur die entscheidende Stellung, die das Blatt zu seinen Gunsten wendet:
Kalles Springereinschlag ist der Zug des Tages – in Kalles Worten ein „Zauberzug“.
Markus gewann nüchtern: Er pflückte bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit die Bauern des Gegners vom Brett.
Während Jan noch kämpfte, zeigte Markus seinen Kameraden stolz den Partieverlauf:
Mario setzte seinen Gegner im Endspiel matt.
Vielleicht ließ sich der Lippstädter aber auch mattsetzen, um sein Leiden zu verkürzen, denn er stand zu dem Zeitpunkt mit einem Bauern im Minus und zerstörter Bauernstruktur deutlich auf Verlust. Hier ist Marios Schlussstellung:
Der Mannschaftserfolg kam unerwartet. Zumal wir ohne Marko antreten mussten. Dafür aber boten wir in Florian einen sehr starken Ersatzmann auf, der recht leichtfüßig zum Unentschieden marschierte.
Das Ligaorakel stufte unsere Abstiegswahrscheinlichkeit jetzt auf erträgliche 13 Prozent herab:
Der Kampf am letzten Sonntag gegen Tabellenschlusslicht Wewelsburg war zwar relativ früh entschieden, dauerte aber dann doch noch bis fast 16:00 Uhr. Da die Gegner ihren stärksten Mann als Ersatzmann am achten Brett aufgestellt hatten, kam es hier zu einem sehr ungleichen Kampf, der Wewelsburg schnell das 1:0 einbrachte. Florian Schwartz lehnte danach am zweiten Brett ein frühes Remisangebot seines Gegners ab und konnte kurze Zeit später nach einem kapitalen Fehler den vollen Punkt einstecken. Kevin Deniz – mit 5/5 der 100%-Mann des Teams – legte auch an diesem Sonntag einen sicheren Start-Ziel-Sieg hin. Zwischendurch ging Volker Meise auf ein Remisangebot seines Gegners ein. Reinhard Geisler musste sich mit einem heftigen Angriff des Gegners auseinandersetzen, der ohne Rücksicht auf Materialverluste auf den König zumarschierte. Letztendlich konnte Reinhard diesen Angriff aber souverän zurückschlagen und mit Hilfe des Mehrmaterials den Sieg sicherstellen. Kurz danach musste auch der Wewelsburger am dritten Brett aufgeben, der nie wirklich ins Spiel gefunden hatte und Rückzüge und Gegenangriffe so unglücklich kombinierte, dass Michael Henkemeier die Königsstellung leicht knacken konnte. Damit waren nach knapp dreistündigem Kampf die Punkte schon gesichert und die beiden verbleibenden Partien hätten bequem Remis gegeben werden können, wenn da nicht noch der Wertheraner Ehrgeiz erwacht wäre. Sowohl Ralf Diele an Brett 4 als auch Rüdiger Kraetzer am Spitzenbrett wollten ihre leichten Vorteile
unbedingt zum Sieg führen. Ralf musste dann recht bald einsehen, das ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern bei gleicher Bauernzahl auf beiden Seiten und fehlenden Felderschwächen nicht zu gewinnen ist. Rüdiger versuchte alles Mögliche, um die passive Stellung des Gegners auszunutzen, brach mit seinem Turm auf die gegnerische Grundreihe durch, griff diverse Bauern an, die aber alle deckbar waren usw. Und immer wieder fand sein Gegner eine Verteidigungsmöglichkeit. Die verbliebenen Spieler konnten diverse Spaziergänge machen und die Attraktivität von Wewelsburg umfassend erkunden… Am Ende verblieb ein Turmendspiel …und die sind nach alter schachlicher Faustregel immer…remis!
In der Tabelle steht Werther II jetzt auf Platz zwei und hat damit das Saisonziel Klassenerhalt weit übererfüllt!
Dirk Husemann lächelt. Als Schiedsrichter war er während unseres Mannschaftskampfes guter Dinge – zurecht: An allen acht Brettern blieb es ruhig. Nach fünfeinhalb Stunden steckte er sein wohlverdientes Honorar ein. Auf ein Wiedersehen bis zum Schloss-Open.
Ich hingegen wollte weinen, denn wir haben verloren. Wenn Kalle seine Gewinnstellung nicht durch taktische Vergesslichkeit und ich mein schwer erkämpftes Dauerschach nicht durch überambitionierte Gewinnversuche vom Brett gefegt hätten, hätten wir zumindest einen Punkt retten können.
Unten im Bild machen sich unsere Mannschaftskameraden in der Analyse über Kalles Missgeschick lustig. In vorderster Front der Fotograf mit der Digitalkamera: „Muahahaha – wie blind kann man sein“, sagte ich und zeigte ihm die Mattvariante. „Hast du das denn nicht gesehen?“ Solche Fragen brechen das Eis.
Hier ist der hübsche Trick in einem Diagramm zu sehen, dem Kalle als Weißspieler auf den Leim ging. Statt einen Vorteil festzuzurren mit dem Bauernvorstoß b6, zog er Tc7??:
Die schwarze Antwort folgte prompt: Txc7. Nach der weißen Erwiderung Dxc7 knallte Paderborns Niklas Schlangenotto einen Hammer aufs Brett: Td1+!! Die Stellung ist sehr apart, so dass sie ein zusätzliches Diagramm verdient:
Egal wie Weiß den schwarzen Turm schlägt: Entweder er wird mattgesetzt oder er verliert die Dame.
Jan am ersten Brett verlor ähnlich hübsch.
Gegen den bis dato viermal hintereinander siegreichen Topscorer der Liga, Maurin Möller (DWZ 2202), gab sich unser Spitzenmann nach einem klassischen Angriff gegen seinen ziemlich offenen König im 31. Zug geschlagen.
Nach Möllers Opfer Dxf6+ gab Jan sofort auf, denn es wird matt im nächsten Zug.
Mario hielt seine Stellung am siebten Brett mit den schwarzen Figuren fast 40 Züge im Gleichgewicht. Dann versagten ihm die Nerven. Er gab ein zeitraubendes Schach auf der gegnerischen Grundreihe und verlor vollends die Kontrolle über die siebte Reihe. Weiß forcierte daraufhin ein zweizügiges Matt, beginnend mit einem Turmschach auf g7 (Turm schlägt Turm auf f8 hätte auch funktioniert):
Und hier folgt im Diagramm die zweite Dummheit des Tages, die meinem Kopf entsprang: ein verschmähtes Dauerschach. Nach zweimaliger Stellungswiederholung zog ich Tfe8 statt Df3+. Die Replik Dd1 beantwortete ich zusätzlich noch mit der endgültigen Torheit Te2. So verblieb ich nach der Abwicklung Txe2, Df3+, Kg1 und Txd2 mit einer Figur im Minus. Dafür strafte ich mich abends und hämmerte meine Stirn gegen eine Tischplatte wie ein pickendes Huhn:
Als Edelersatz für den fehlenden Markus Henkemeier boten wir Oliver Mußgnug auf.
Statt eine Scheidung von seiner Frau und seinen vier kleinen Kindern anzustreben, um sich ganz dem Schachsport hingeben zu können, vereinbarte er nach nur 13 Zügen Remis in folgender Stellung:
Und schwupps eilte er nach Hause zu seinen Liebsten – wer soll das verstehen?
Die zeitlich längste Partie produzierte Marko am dritten Brett.
Die Theorie sagt, dass f und h-Bauern im ansonsten nackten Turmendspiel Remis sind, wenn der König die Umwandlungsfelder unter Kontrolle hält. Marko versuchte viel, zog hierhin und dorthin, musste aber schließlich ins Unentschieden einwilligen. Am Ende erzwang sein Gegner einen Turmtausch, wodurch Markos König entweder am Rand kleben geblieben wäre – oder seinem Widerpart das Eckfeld hätte überlassen müssen:
Triumphatoren auf unserer Seite gab es nur zwei: Jonas und Malte.
Malte produzierte eine ziemlich beeindruckende Kurzpartie: Nach 16 Zügen hatte sein Gegner, Rolf Sicker, keine Lust mehr aufs Weiterspielen. Zu dem Zeitpunkt besaß Malte eine Qualität und zwei Bauern mehr. Außerdem hatte unser Mann die gegnerische Königsstellung ramponiert und mit seinem Schlusszug den Damentausch forciert:
Jonas spielte ebenfalls sehr stark: Zug um Zug wuchs sein Vorteil. Im 23. Zug fand er erneut den besten Zug und opferte die Qualität für einen Springer. So kam sein großer Trumpf – ein Freibauer auf e7 – mächtig zur Geltung:
Die mannschaftliche Niederlage war ziemlich ernüchternd, hatte das Liga-Orakel doch einen knappen 4,5:3,5-Sieg aus unserer Sicht prophezeit. Jetzt hingegen ist die Abstiegswahrscheinlichkeit auf bedenkliche 37 Prozent angewachsen. Hier ist die aktuelle Tabelle aus dem Liga-Orakel in einem Bildschirmfoto verewigt:
Beim gestrigen Kampf der 2. gegen die SG Enger-Spenge 2 ging es nicht so einfach wie erwartet. Zwar hatten die Gegner bis dahin (abgesehen von einem kampflosen Gewinn) noch keinen Mannschaftspunkt holen können, erwiesen sich aber doch als zähe Verteidiger. An einigen Brettern zeigte sich dieses in deutlichen Differenzen in der Bedenkzeit. So hatte Rüdiger Kraetzer am Spitzenbrett reichlich Zeit in die etwas unorthodoxe Eröffnungsbehandlung des Gegners investieren müssen um in eine bessere Stellung zu kommen; nach eigenen Angaben verpasste er dann eine mögliche Gewinnwendung und ging in ein stellungsangemessenes Remis. Auch am 3. Brett hatte Michael Henkemeier nach 25 Zügen schon weit über eine Stunde verbraucht, während der Gegner nur einige Minuten eingesetzt hatte, um die Stellung einigermaßen so im Lot zu halten, dass die Strategie lautete: Warten auf den Fehler. Nach einigem Lavieren stellte der Engeraner einen Bauern ein, verlor kurz danach weiteres Material und sah sich zur Aufgabe gezwungen. Am 8. Brett einigte scih Volker Meise mit seinem Gegner auf ein friedliches Remis, obwohl die Stellung keineswegs ausgekämpft war. Zwischendurch sah sich Mesud Mujanovic zur Aufgabe gezwungen, da er wohl irgendwo einen Konter des Gegners übersehen hatte. Danach sah es dann schon nach einem Sieg aus, denn Florian Schwartz hatte eine deutliche Druckstellung plus Mehrbauer, Reinhard Geisler führte einen aggressiven Königsangriff, bei dem ihn ein Minusbauer überhaupt nicht störte und Ralf Diele hatte ebenfalls den gegnerischen König freigelegt. Bei Manfred Daub war die Lage eher unklar, da beide Spieler aggressiv aufeinander zumarschierten und lange nicht absehbar war, wer die Oberhand behalten würde. Aber – wie gesagt – Enger-Spenge erwies sich als zäh: Ralf Diele rannte weiter gegen den gegnerischen König, musste aber immer wieder erleben, dass noch ein einizger Verteidigungszug ging und nahm schließlich per Zugwiederholung das Remisangebot des Gegners an. Inzwischen hatte Florian Schwartz wohl eine Wendung des Gegners übersehen und fand sich in einem ungünstigen Endspiel Turm gegen Läufer wieder, das allerdings noch hohe Remischancen bot. Dann kam die Stunde der Nestoren (im Schach definiert als Ü75): Reinhard Geisler drang in die Königsstellung ein und sein Gegner verlor die Nerven, stellte einen Springer und kurz danach die gesamte Partie ein: 3,5 : 2,5 für Werther. Den entscheidenden Punkt lieferte dann Manfred Daub, der – mit 90! der „Dienstälteste der Mannschaft“ – im Angriffsduell ebenfalls die Nerven behielt und am Ende den verbliebenen Turm des Gegners auf h2 vollständig einsperren konnte, so dass dieser nur noch mit dem König ziehen konnte und dem absehbaren Ende durch Aufgabe zuvorkam. Weil der Kampf damit entschieden war und die Gewinnchancen des Engeraners wohl nur noch gering, wurde das verbleibende 2. Brett dann auch Remis gegeben: 5:3!
In der Tabelle ist Werther 2 jetzt punktgleich mit Rheda 2 auf Platz 2 vorgerückt – für einen Aufsteiger ein Riesenerfolg!