Münster (ehu). Erst sechs Monate ist es her, dass wir auswärts gegen die Drittvertretung des SK Münster antreten mussten und dabei einem der größten Schachvereine Deutschlands mit 3,5:4,5 Punkten unterlegen waren. Der Klub ist so groß, dass er sogar einen Bundesfreiwilligendienstler beschäftigen kann.
Zum Saisonauftakt der aktuellen Spielzeit mussten wir wieder ins Münsterland fahren – und kehrten mit einem noch schlechteren Resultat zurück. Völlig verdient zumal, denn die ehrgeizigen Münsteraner spielten einfach besser.
Schon die Anreise war eine Zumutung: Bei der Wahl, der mit dem Auto von Werther aus am schwersten zu erreichenden Städte, läge Münster ganz vorne. Mir wurde schwindelig in den zahllosen Kreisverkehren – zumal Kalle als Fahrer einmal absichtlich zwei Runden drehte, nur um den guten Beifahrer am Naviagtionshandy zu täuschen.
Am liebsten hätte ich deswegen den Artikel von vor sechs Monaten einfach hier reinkopiert – vielleicht wäre es niemandem aufgefallen. Doch im Spielraum angekommen, hellte sich meine Laune auf, denn mich begrüßte eine freudige Überraschung: mein Großcousin Emil Meyer.
Er ist der Sohn meines Cousins Veith Mette, einem bekannten Bielefelder Fotografen. Und ich spielte auch noch gegen ihn. Es war das erste Familienduell meines Lebens. Die Henkemeiers gähnen, ich fands lustig.
Außerdem war es eine sehr spannende Partie. Zunächst schien ich als Schwarzer meinen Turm eingestellt zu haben, denn Läufer und Turm sind gleichzeitig angegriffen.
Deswegen zog ich leicht verlegen Lb4 – der beste Zug laut Computer. Jetzt überraschte mich Emil mit seiner Antwort Lxb4 – er nahm den Turm nicht. Und das zurecht, denn die Abwicklung würde nur zum Remis führen: „Ich wollte gewinnen“, teilte er mir später selbstbewusst mit. Ja, so sind wir – klug und unnachgiebig.
Er sah dabei einen Zug weiter als ich, der die Stellung ganz falsch eingeschätzt hatte. Der weitere Verlauf ist ein zweites Diagramm wert, denn Emil hatte mir inzwischen doch noch einen Turm auf a8 abgeluchst, den ich wegen des drohenden Grundreihenmatts nicht zurückgewinnen kann:
Eine Schwerfigur im Rückstand suchte ich daher mit Schwarz verzweifelt nach einem Dauerschach und kam ihm in obiger Stellung mit dem Damenschach auf f1 auf die Spur. Wenn Emil daraufhin seinen König zurück nach e3 gezogen hätte, hätten wir wohl alsbald Remis vereinbart.
Stattdessen wollte er noch immer gewinnen: ja, so sind wir – fahrlässig und unnachgiebig. Seine Antwort Ke2?? verliert die Partie wegen Dxb2+ und Turmrückgewinn auf a8 mit klar gewonnener Stellung. Das Familienduell entschied ich also letztlich für mich – zugegebenermaßen sehr glücklich. Es war vermutlich das letzte: Denn Emil will in Köln Mathe studieren, während ich in Babenhausen weiter Kronkorken sammeln werde.
Manch eine der anderen Partien waren vermutlich ähnlich gehaltvoll. Doch leider fehlen mir die Notationen. Das muss sich ändern, wenn ich zeitnah schreiben soll. Die Produzenten der Pleitepartien sind aber vermutlich ohnehin nicht scharf auf eine Veröffentlichung.
Jonas siegreiches Endspiel jedoch sollte hier sicher mit einem Diagramm gewürdigt werden.
Denn er gewann sehenswert aus einer zweifelhaften Stellung heraus, mit einem Springer gegen einen Läufer. Sobald er mir das zukommen lässt, schreibe ich was dazu.
Auch Marko spielte gewohnt fehlerarm und erreichte das einzige Remis des Tages: Er besaß im Endspiel zwei Bauern für die Qualität, kämpfte jedoch gegen aktive schwarze Figuren.
Der Rest ist Schweigen.
Hier der Link zur Tabelle der NRW-Klasse: https://nrw.svw.info/ergebnisse/show/2022/4319/